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Der Mitdenker
Foto: Kurt Winkler
Die Arbeitskreisleiter mit dem Organisator und Obmann des Salzburger Bildungswerkes Bürmoos Daniel Krainer

Unterschiedliche Herkunft - Gemeinsame Zukunft

Das Salzburger Bildungswerk Bürmoos unter Leitung von Daniel Krainer veranstaltete in Zusammenarbeit mit der „EuRegio“ das 1. Ignaz-Glaser-Symposion zum Thema „Unterschiedliche Herkunft – gemeinsame Zukunft“, mit dem Ziel, Informationen und Erfahrungen auszutauschen, und die positiven Aspekte der Integration herauszuarbeiten.

Die Projektleitung übernahm der Politikwissenschafter Dr. Andreas Maislinger. Unsere Gesellschaft steht heute zwei zentralen Herausforderungen gegenüber: Arbeitsplätze erhalten bzw. schaffen und die Integration von Zuwanderern.

Zuwanderung und Integration von Menschen anderer Kulturkreise in unser Gemeinwesen wird in der öffentlichen Wahrnehmung überwiegend als problematisch empfunden, als Ursprung vieler Probleme und Konflikte.

Sechs Gemeinden aus Österreich und Bayern mit starker Zuwanderung waren eingeladen, über ihre Erfahrungen mit der Integration von Zuwanderern zu erzählen: wie funktioniert Integration, welche Aufgaben stellen sich für die Gemeinden, welche Aktivitäten führen zu einem friedlichen Miteinander.

Die Eröffnung:

Das Symposion wurde am Freitag von Landesrätin Doraja Eberle, Bürgermeister Martin Seeleithner (Bürmoos) und Dipl.-Ing. Peter Malata (W&H Dentalwerk Bürmoos) eröffnet.

In der anschließenden Einführung wurden die vielfältigen Aspekte der Integration von Dr. Andreas Maislinger, Landtagsabgeordnete Ingrid Riezler (Integration in Salzburg), Hofrat Marko  Feingold (Israelitische Kultusgemeinde Salzburg) und Bürgermeister Flatscher (Freilassing) erörtert.

Danach schilderte Reinhard Kaiser vom Torferneuerungsverein Bürmoos den Prozess von Zuwanderung und Integration am Beispiel der Geschichte von Bürmoos:  „Vom Wasser des Moores getrunken….“

Bürmoos entstand Ende des 19. Jahrhunderts durch die Ansiedlung von Arbeitern aus Böhmen, Italien, Tschechien und Polen, die in der neu gegründeten Glashütte von Ignaz Glaser arbeiteten. Nach 1945 kamen viele Vertriebene aus Sudetendeutschland, dem Banat und aus Siebenbürgen nach Bürmoos. 1967 wurde Bürmoos eine eigene Gemeinde.

Zum Ausklang der Eröffnung waren alle Gäste zum Rundgang durch die Ausstellung „Vertrieben – Neue Heimat Bürmoos“ eingeladen. Die Ausstellung wurde vom Verein Geschichte Bürmoos gestaltet.

 

Die Gemeinden stellen sich vor:

Samstag Vormittag hielten die Vertreter der sechs eingeladenen Gemeinden Impulsreferate.

Stadt Freilassing in Süd-Bayern

Freilassing erlebte zwei Zuzugswellen: die erste nach dem Zweiten Weltkrieg, überwiegend Vertriebene aus Schlesien. Der zweite Schub Zuwanderer kam nach der Öffnung des ehemaligen Ostblocks, die sogenannten „Russland-Deutschen“.

Stadt Hallein bei Salzburg

Anfang der 1960er Jahre benötigte die Papierindustrie in Hallein Arbeitskräfte, und so wurden vorwiegend türkische Arbeiter nach Hallein geholt. Heute beträgt der  Ausländeranteil der Bevölkerung ca. 18 % - ungefähr 1/3 davon sind Türken, die in eine eigene Infrastruktur (Geschäfte, Vereine, Moscheen, etc.) aufgebaut haben.

Marktgemeinde Mauthausen in Oberösterreich

Zu Beginn der 1970er Jahre herrschte im industriellen Granitsteinabbau akuter Arbeitskräftemangel, da die österreichischen Steinarbeiter in andere Berufe und Betriebe abwanderten. Es wurden deshalb Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben – vor allem aus dem ehemaligen Jugoslawien.

Marktgemeinde Telfs in Tirol

In Telfs holte man Anfang der 1960er Jahre für die Textilindustrie vor allem türkische Fremdarbeiter in den Ort, die heute teilweise bereits in der 4. Generation in Österreich leben. Der Gesamt-Ausländeranteil beträgt ca. 13%. Derzeit leben Menschen aus über 60 Herkunftsländern in Telfs.

Stadt Traunreut in Oberbayern

Im St. Georgs Forst wurde während des Zweiten Weltkrieges eine Munitionsfabrik betrieben. Nach 1945 bauten Vertriebene aus Schlesien und dem Sudetenland eine neue Stadt auf. Zwischen 1960 und 1970 kamen viele Gastarbeiter aus dem ehemaligen Jugoslawien und Griechenland nach Traunreut. Im Oktober 2003 wurde ein Kompetenz-Zentrum für Integration gegründet.

Stadt Waldkraiburg in Südost-Bayern
Während des Zweiten Weltkrieges wurde im Mühldorfer Hart ein Pulverwerk betrieben. Nach dem Krieg siedelten sich in dem verlassenen und teilweise zerstörten Fabriksgelände Heimatvertriebene aus Ost- und Südosteuropa an, und 1950 entstand die selbstständige Gemeinde  Waldkraiburg.


Akteure der Integration: Religionsgemeinschaften, Schule, Vereine, Arbeitsplatz

 Anschließend diskutierten die Teilnehmer in vier Workshops zu den Themenkreisen Religionsgemeinschaften, Schule, Vereine und Arbeitsplatz die Chancen und Schwierigkeiten, sowie Lösungsansätze und Gestaltungsmöglichkeiten für das Miteinander der Kulturen

Ergebnisse der Workshops

Religionsgemeinschaften:

Religionsgemeinschaften werden oft als geschlossene Gruppen wahrgenommen, die sich vor allem durch ihre Glaubensgrundsätze abgrenzen.

Die Bereitschaft Neuankömmlinge aufzunehmen, ist zwar oft vorhanden, jedoch sind an die Aufnahme meistens Bedingungen geknüpft, die ein Miteinander erschweren.

Annäherung und Begegnung können z. B. bei gemeinsamen Gebetsstunden oder Gottesdiensten stattfinden, die nicht starr nach den Grundsätzen der einen oder der anderen Religion abgehalten werden, sondern das Gemeinsame im Glauben betonen.

Schule:

In der Schule stellt sich nicht nur die Aufgabe Kinder mit fremder Muttersprache oder unterschiedlichen Religionen zu integrieren, sondern auch Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf,  oder verhaltensauffällige Kinder. Integration kann nur dann gelingen wenn ein Klima der Offenheit herrscht und Neugier auf das Unbekannte vorhanden sind. Gemeinschaft entsteht und wird vertieft, wenn Eltern und Lehrer zusammenarbeiten und gemeinsame Projekte und Feste organisieren. Vor allem muss das Selbstwertgefühl aller Schüler gestärkt, Ängste vor dem Unbekannten abgebaut und soziale Kompetenz erlernt und gefördert werden. Aus einem starken Selbstwertgefühl fällt es den Kindern und Jugendlichen leichter andere zu akzeptieren und sich für andere Kulturen zu interessieren. Schwierigkeiten entstehen oft durch mangelnde Sprachkompetenz, Vorurteile, dem Leistungsdruck und auch durch Sparmaßnahmen im Bildungsbereich.

Vereine:

Vereine verfügen über ein hohes integratives Potential und sind hervorragend geeignet Neuankömmlinge in das Gemeinschaftsleben einzubinden. Kulturelle, ethnische und nationale Vielfalt ist für jeden Verein eine Bereicherung. In vielen Fällen ist es jedoch schwierig den Erstkontakt herzustellen, oder es gibt  für Neuankömmlinge nicht genügend Informationen über die ortsansässigen Vereine. So könnten die Gemeinden bereits beim Zuzug erste Informationen über das Vereinsleben geben. In Bürmoos wurde z. B. im Jahr 2000 eine Vereinsbroschüre erstellt, die im Gemeindeamt aufliegt. Eine weitere Möglichkeit der Kontaktaufnahme sind multikulturelle Feste und Veranstaltungen, oder ein „Tag der Vereine“, der speziell unter dem Motto des Miteinanders steht und zugezogene Gemeindebürger – egal ob Ausländer oder Österreicher – ansprechen und ihnen den Weg in die Gemeinschaft erleichtern soll.

Arbeitsplatz:

Ein Arbeitsplatz ist der erste Schritt zur Einbindung in die Gesellschaft. Kein Arbeitsplatz heißt keine Integration. Wichtigste Voraussetzung für einen Arbeitsplatz ist das Beherrschen der deutschen Sprache. Sprachliche Schwierigkeiten ergeben sich jedoch auch durch Dialekte, die von österreichischen Mitarbeitern gesprochen und von ausländischen Kollegen nur schwer verstanden werden. Im täglichen Zusammenarbeiten ist für die Belegschaft vor allem eine klare Orientierung durch die Firmenleitung wichtig. Toleranz alleine genügt nicht. Die Anerkennung von Qualifikation und Leistung muss für in- und ausländische Mitarbeiter gleichermaßen stattfinden. Ebenso wichtig ist der beiderseitige Respekt vor der Kultur des Anderen.

Die Workshop-Ergebnisse wurden danach gemeinsam unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Bernhard Perchinig, Akademie der Wissenschaften – Wien, analysiert.

 

Zum Abschluss des Tages fand eine Autorenlesung mit musikalischer Untermalung des Musikum Bürmoos statt:

Anneliese Kunesch aus Bürmoos las aus ihrem Buch „Und die Seele voll Sehnsucht nach Glück und Verstehen“, Erika Rahnsch aus Waldkraiburg: „Verlust der Heimat am Beispiel eines Einzelschicksals“ und Dr. Ludwig Laher aus St. Pantaleon: „Von Brennberg nach Kirchberg – Integration in St. Pantaleon am Beispiel der westungarischen Flüchtlinge 1956“

Der Sonntag war dem kulturellen Austausch gewidmet. Unter dem Motto „Viele Kulturen, Nationen und Sprachen – eine Gemeinschaft“ wurde gesungen, getanzt und gespielt. Mit indischen Mantras, türkischem Bauchtanz unterstützt von Trommlern, und westeuropäischen Klavier-Impressionen fand das Symposion seinen Ausklang.


12. 06. 2006

Michaela Essler,  Bürmoos
 

 
Weiterführende Links:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ignaz-Glaser-Symposion
http://de.wikipedia.org/wiki/Ignaz_Glaser
http://www.maislinger.net/igs/
http://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Maislinger
http://www.maislinger.net/igs/steckbriefe/perchinig.php
http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichische_
Akademie_der_Wissenschaften

http://www.torf.at/
http://www.euregio.sbg.at/
http://www.buermoos.at/bildungswerk/
http://de.wikipedia.org/wiki/Integration_%28Soziologie%29
http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrmoos
http://de.wikipedia.org/wiki/Freilassing
http://de.wikipedia.org/wiki/Hallein
http://de.wikipedia.org/wiki/Mauthausen
http://de.wikipedia.org/wiki/Telfs
http://de.wikipedia.org/wiki/Traunreut
http://de.wikipedia.org/wiki/Waldkraiburg

 
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Unterschiedliche Herkunft - Gemeinsame Zukunft
EuRegio-Forum für Integration
1. Ignaz-Glaser
Symposium

21.-23. April 2006
Bürmoos, Gemeindezentrum


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Dr. Andreas Maislinger, Projektleiter


v.l. Walter Hofstätter Mauthausen und Dr. Bernhard Perchinig Österr. Akademie der Wissenschaften Wien


Dr. Gerhard Mory mit zwei türkischen Trommlern von Verein Kristall Hallein


Arbeitsplatz-Workshopleiter Gerhard Dobernig ÖGB-Bildungssekretär


Dr. Ludwig Laher aus St. Pantaleon: „Von Brennberg nach Kirchberg – Integration in St. Pantaleon am Beispiel der westungarischen Flüchtlinge 1956“


Konrad Kern vom Stadtarchiv Waldkraiburg Deutschland


Alt-Bgm. Helmut Kopp aus Telfs / Tirol überreicht Bgm. M. Seeleithner die Friedensglocke


Musikum Bürmoos v.l. Reinhild Buchmayer Bürmoos, Johanna Baier Lamprechtshausen, Eva-Maria Thalmaier Nußdorf

Fotos: Kurt Winkler