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by Schauspielhaus
 

Frühlings Erwachen

Neugierig, stumm, bedrohlich nähern sich Echsenwesen, kommen aus ihren Verstecken und verfolgen das menschliche Treiben. Sie beobachten das Aufblühen der Gefühle junger Menschen, ihr Gewahrwerden der Lust am anderen Geschlecht.

„Frühlingserwachen“ ist Frank Wedekinds 1891
verfasstes Erstlingswerk, eine Tragödie über das körperliche und seelische Reifen Pubertierender in der bürgerlich festgefahrenen Ordnung der Erwachsenen. Frank Wedekinds Drama ist der Gattung expressionistischen Theaters
zuzuordnen. Dementsprechend  gebärden sich Dramaturgie und Regie.

Mitunter überstrapazieren sie die Aussagekraft der Inhalte in
extrovertierten Einschüben, die heute, weil  enttabuisiert, entbehrlich scheinen. Die einzelnen Begebenheiten erscheinen merkwürdig isoliert, entwickeln keinen durchgehenden Erzählstrom, wohl im Sinne von Wedekind der auf stilisierter, minimalistischer Bühne einzelne Szenen wie scharfe Schüsse ins Publikum feuerte.

Die Gymnasiasten Melchior und Moritz, ebenso unterschiedlich im Charakter, wie in ihrer Herkunft, lösen ihre bedrängenden Probleme auf gegensätzliche Weise. Der eine in der Befreiung von diesem unerträglichen Gefühlszustand im selbst gewählten Tod. Der andere in der Entscheidung für die Turbulenzen des Lebens. Die 14-jährige Wendla
repräsentiert den Typus tragisch-kindlicher Naivität, ihre Freundin Ilse hingegen hat sich für den exzessiven Ausstieg aus der bürgerlichen Gesellschaft entschieden.

Die Bombe harter Kritik an der feigen Moral der Erwachsenen, von Frank Wedekind in seiner Zeit notwendig gelegt, ist heute entschärft, meinen wir. Stoff, um vor der eigenen Türe zu kehren, bleibt immer noch übrig. Dennoch stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit der Auswahl des Stückes. Die Thematik  hat womöglich an Schärfe bereits verloren; die junge Wendla deutet das an, wenn sie die aus dem Dunkel auftauchenden Echsenwesen beiläufig und nebenher mit einem Spray betäubt.

Ulrike Guggenberger, Dorfzeitung


 

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Fotos: Schauspielhaus, Eva Maria Griese

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