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Kasimir und Karoline

„Ich hab’ halt eine Sehnsucht gehabt“, sagt Karoline zum Schluss der langen Nacht am Oktoberfest. Damit, und mit den „verwandten Seelen“, die sich gleich zu Beginn auf der Wiesengaudi erkannt haben, hat alles angefangen und damit hat es auch geendet.

Kasimir und Karoline, die Verlobten. Ausgerechnet auf der Festwiese inmitten des sich johlend und dröhnend vergnügenden Männer- und Weibervolkes bricht die schwelende Unsicherheit in ihrer Beziehung auf.

Die unschuldig-naive, lasziv-kluge Karoline trifft auf Eugen, sie lässt sich auf gefährliches Spiel ein. Der tief verunsicherte Kasimir, der erst am Tag zuvor seine Arbeit als Fahrer verloren hat, ist, weil innerlich geschwächt, nicht in der Lage, die Situation zu meistern. Sein bester Freund, der Merkel Franz, er schürt hämisch im Hintergrund. Kasimir fühlt deutlich „ich bin allein“, zaghaft und zögernd versucht sich Merkels geschmähte Gefährtin Erna, ihm zu nähern.

Das abstrakt-stilisierte Bühnenbild trifft sich mit der unterkühlten, verhaltenen Wesensart der Hauptdarsteller. Die unterdrückten, unterschwelligen Leidenschaften darf das Volk, in der Rolle des Chors, hemmungslos ausleben: sie stampfen und grölen, sie jubeln und singen und prosten sich zu, sie toben, sich in rhythmischen Takten wiegend, über die Bühne. Kein Wort und kein Gesang, der nicht ein Schlaglicht auf den menschlichen Charakter würfe.

Ödön von Horvath, der unbequeme Menschenkenner, er schaut tief in die Abgründe der Seele. Er lässt die Tragödie des Menschen auf zwei Ebenen abspielen: als einzelne Charaktere und in der Sogkraft der Masse .

„Ich müsst’ so tief unter mich hinunter, damit ich höher hinaufkommen könnt’.“ Karoline hat viel gelernt in dieser Nacht, dieses Mal konnte sie sich nicht, wie manch anderer, mit „Bier her“, über die Schmerzen des Lebens hinwegschwindeln.

Eine mutige, bombastisch-freche Inszenierung, mit kleinen Längen. Die Akteure bieten ein ausgezeichnetes Spiel. Das Publikum spendet hingebungsvoll Applaus.

 

 

Ulrike Guggenberger,  Dorfzeitung

28. 02. 2005

Premiere im Schauspielhaus Salzburg

 

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Fotos: Schauspielhaus, Thomas Schrott, Eva Griese

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