Meisterklasse
Daniela Enzi mimt sie nicht, sie i s t La Divina- die Göttliche, Maria
Callas.
Die umjubelte Sängerin hat sich für einige Jahre aus der Musikszene
zurückgezogen. Es heißt, ihre Stimme sei gebrochen. Für kurze Zeit bietet
sie als Gastdozentin einer Musikschule in New York jungen Kolleginnen und
Kollegen die Möglichkeit bei ihr vorzusingen, um von ihr zu lernen.
In eine dieser Arbeitssitzungen ist das anwesende Publikum des Abends
gekonnt mit einbezogen. Was kann man von Maria Callas lernen?
Eine hübsche Stimme ist Voraussetzung. Die Kunst jener Opernsänger
aber, die Menschen in einen unbeschreiblichen Taumel der Gefühle versetzen
beruht auf anderen Fähigkeiten. Sich mit authentisch gelebter Leidenschaft
und Temperament bedingungslos der musikalischen Komposition und dem
Libretto zu verschreiben, ist eine natürliche Gabe, ein Geschenk, das
nicht angelernt werden kann. Man hat es oder hat es nicht, die Callas hat
es. Niemand sonst.
Das eigentlich beweist die „Königin
der Scala“ ihren jungen Kollegen.
Stimme allein genügt nicht, zugleich geht ohne Stimme gar nichts, wie
sie selbst erfahren musste.
Während die Eleven und Elevinnen der Meisterklasse vortragen gibt sich
Maria Callas ihren nach rückwärts gerichteten Phantasien hin.
Schlüsselszenen aus ihrem Leben, das nicht ohne Skandale und private
Brüche abläuft werden eingeblendet. Einst fügte ein blondes schlankes
Mädchen, das die Lieblingsarie aus
„Lucia di
Lammermoor“ übernehmen durfte, der heranwachsenden Sängerin Maria Callas
die Urwunde zu. Diese tiefe Kränkung nährt ihren unbändigen Ehrgeiz den
sie zugleich als ständigen Kampf empfindet und immer wieder gewinnen muss.
Wie hoch ist der Preis?
Der heftige Ausbruch einer Studentin, der Existenz und Identität der
Diva in Frage stellt, löst in Maria Callas die innere Starre und deutet
auf einen möglichen Neuanfang.
Persönliche Tragödie und gesellschaftlicher Glanz, sie liegen nahe
beieinander. „Immer
heißt es, wir lieben sie, niemals heißt es, i c h liebe sie“, lässt
Terrence McNally seine Protagonistin einmal sagen.
Die Aufführung benötigt keine aufwendige Bühnenausstattung, sie lebt
allein von der durchgehenden Präsenz der Akteure. Mit straffem und
diszipliniertem Spiel entwerfen sie ein Bild der Künstlerin Maria Callas
das einem Mythos folgt.
03.
09. 2005
Ulrike Guggenberger, Dorfzeitung
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Fotos: Schauspielhaus, J.
Bergauer
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