Dorfzeitung 145x80
Startseite
Feuilleton
Zeitgeschehen
Lebensräume

Galerie
Musik
 Theater
Literatur

Weballianzen
Dorfplatz
Archiv
Impressum


 


Orestie

Griechische Tragödie nach Aischylos (lebte etwa um 500 vor Christus in Athen)  Der Untertitel im Programmheft: Wer mordet, fällt durch Mord“.

„Blut für Blut“. In diesem ungeschriebenen Gesetz sind die Protagonisten gefangen wie in einem unsichtbaren Netz. Das ist wohl der Grund, warum, wie einem Zwang folgend, alle Handlungen wieder zur nächsten „Tragödie“ führen.

Wer dem Geschehen folgen will, die Zusammenhänge begreifen können will, sollte vorher eine gute Übersetzung der Griechischen Götter- und Heldensagen gelesen haben.

Die Bühne, als überlebensgroßer Käfig inmitten des Zuschauerraumes eingerichtet, lässt daran denken, dass jeder Mensch, eigenen Zwängen unterliegt, sie sind die Gitterstäbe, gegen die wir anrennen.

Im alten Griechenland wurden menschliche Tragödien auf die Götte projiziert, diese tragen Schuld an den Handlungen der Menschen, die auf diese Weise dem Schicksal beinahe ohne eigenes Zutun ausgeliefert sind. Zeus selbst lenkt letztlich die Geschicke der Menschen. Auf ihn beruft sich sogar Apoll, wenn er sich in der Gerichtsverhandlung am Ende des Stückes zu rechtfertigen sucht.

Welche Eindrücke nimmt der Premierenbesucher mit von der Bühnenfassung des Stückes „Orestie“ von Aischylos?

Die Signalfarbe Rot führt durch die ersten Szenen. Eine lange, breite, purpurrote Schärpe, deutet das nahende Verbrechen an König Agamenon an, gleich einer künftigen Blutspur. Königin Klytaimestra macht ihren Buhlen Aigisth durch Meuchelmord zum neuen Herrscher, er tritt in einem purpurroten, übergroßen Königsmantel auf. Später wird dem Muttermörder Orest von seiner Schwester ein roter Mantel umgehängt.

Elemente des griechischen Schauspiels wie der Chor werden verfremdend übernommen, die surrealistischen Kostüme der Schauspieler führen in eine imaginäre, unwirkliche Welt, einem bösen Traum gleich. Gott Apollo und Göttin Athene treten auf Plateauschuhen auf, so wie es im klassischen griechischen Theater für alle Schauspieler üblich war.

Erstaunlich der Aufzug von Orest, er scheint aus einer anderen Welt zu kommen, in Kniehose, Burlington Socken und Sakko, mit weißer Lilie in der Hand, bevor er zum Mörder wird.

Phantastisch überraschend gelöst ist das Auftreten der Erynnien. Klytaimestra muss die schlafenden Rachegeister erst zum Leben erwecken, da sie sich nicht genügend gerächt fühlt. Nun heben sie laut klagend an, mit Trompeten, Klanghölzern, Trommeln und Schellen, heftig drohenden Gebärden, Gesten und Mienenspiel den fliehenden Orest durch das alte Griechenland zu hetzen.

Im dritten Akt nun ist der Käfig verschwunden, einem Gerichtsplatz gewichen. Apoll argumentiert gegen die rachedurstigen Erynnien, bis die Göttin Athene auf die Idee kommt, eine Versammlung einzuberufen, die (erstmals?) demokratisch über Schuld und Sühne bestimmen soll.

Die Aufführung überzeugt in ihrer Symbolhaftigkeit der verwendeten Mittel, einem lebenden Bild vergleichbar. Von fern anklingende Sphärenmusik kündet von der bevorstehenden Tragödie.

30. 09. 2005

Ulrike Guggenberger,  Dorfzeitung

 

 

Das Urheberrecht für alle Texte, Bilder und Fotos liegt bei den AutorInnen.
Die Verwendung des, auf dieser Seite veröffentlichte Bild- und Textmaterials,
ist ohne ausdrückliche Genehmigung durch die AutorInnen untersagt.




Fotos: Schauspielhaus, Thomas Schrott, Eva Maria Griese, Michael Rutz

Über den Beitrag diskutieren