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Foto: Eva Maria Griese/ Schauspielhaus Salzburg
 

Schönes

Körperlich spürbare Unterdrückung schwelender Gefühle und atemlose Spannung kontrastieren mit ästhetisch kühlem Bühnenbild. Es ist so schön hier.

Die äußere Hülle bleibt unangetastet weiß und unberührt, der erwartete Ausbruch aus der seelischen Erstarrung findet nicht statt. Bei Niemanden.

Ein einziger Satz unter banalen verlegenen Floskeln: Warum magst du ihn nicht?“ hätte die jahrelange Verdrängung unaufgearbeiteter Geschichten für alle zusammenbrechen lassen können. Hätte.

Welche alten Geschichten?

Geir und Leif wachsen in einem abgelegenen Dorf zwischen Fjord und Gebirge auf. Sie sind unzertrennlich, sie verspinnen sich in ihrer eigenen kleinen Welt in einem Bootshaus, sie sind glücklich.

Heranwachsend gründen sie zusammen eine Band, die ihnen alles bedeutet.

Die Idylle findet ein ungeklärtes jähes Ende, als Geir sein Heimatdorf verlässt, Leif zurückbleibt.

Als Geir mit halbwüchsiger Tochter und Frau seine Mutter in den Sommerferien nach vielen Jahren wieder einmal besucht, sehen sie sich unvermutet wieder. Hier, wie zufällig beim baufälligen Bootshaus, setzt das Spiel ein. Es ist so schön hier.

Geir und Leif fallen einander nicht in die Arme. Scheu und verhalten Leif, scheinbar locker und ungezwungen, Geir, sie wechseln ein paar belanglose Sätze. Es gibt Tabufragen zwischen ihnen, die knapp und hastig beantwortet werden, alte Wunden dürfen nicht aufgerissen werden.

Dieses Jahr äußerte Geirs Frau Hilde unvermutet den Wunsch die Sommerpause im Heimatdorf ihres Mannes zu verbringen. Bewusst oder unbewusst will sie diesen Ort aufsuchen um hinter das Unausgesprochene der Tabufragen zu kommen. Mit sicherem Gespür weiß sie, dass ihre erstarrte Beziehung in der Ehe hier ihren Anfang nimmt.

Sie insistiert, verlockt und bedrängt die beiden Jugendfreunde. Es ist alles so schön.

Überraschend entschließen sich Hilde und Geir halbherzig nach ein paar Tagen wieder abzureisen. Was zu tun gewesen wäre ist nicht geschehen.

Tochter Siv weigert sich mitzukommen. Sie bricht ihr Spiel nicht ab, sie ist neugierig wie es weiter gehen wird mit ihr und dem Jungen aus dem Dorf, es ist so schön hier.

Noch knapp vor dem Aufbruch versichern sich Geir, Leif und Hilde sie werden zusammen eine Bootsfahrt unternehmen, wenn sie wiederkommen. Ganz gewiss werden sie die Fahrt mit dem Boot auch nächstes und übernächstes Jahr nicht machen, die tiefe See wird nicht aufgewühlt werden.

Hautnah das Schauspiel der Darsteller in einer dichten Atmosphäre von sparsamem Wort, reduzierten Gesten und Bewegungen, einer nachvollziehbaren Symbolsprache und reibungslosem Ablauf. Ein bürgerliches Drama von Jon Foss, oder wie heilsamer Schmerz gekonnt verdrängt wird. Es ist alles so schön.

21. 09. 2005

Ulrike Guggenberger,  Dorfzeitung

 

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Fotos: Schauspielhaus, Eva Maria Griese

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