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Bandscheibenvorfall

Der Drahtzieher in dem Stück von Ingrid Lausund bleibt unsichtbar. Allein die signalrote, digitale Schrift hoch über den Köpfen der Büromitarbeiter beweist seine allmächtige Gegenwart.

Das gute deutsche Büro als Schlachtfeld, an dem sich der Kampf ums tägliche Brot zuspitzt und gnadenlos seine Opfer fordert. Es könnte auch anders gehen Die Autorin schont weder Zuschauer noch Akteure, unbarmherzig deckt sie die grausamen Spiele der Arbeitswelt auf. Schon körperlich müssen die Schauspieler einiges aushalten um den pausenlosen Psychostress über die Bühne zu bringen. Hufschmidt der Blender, die weinerliche Kristensen, die coole Karrierefrau Schmitt, der clevere Kretzky und der Verlierer Kruse. Sie toben, schreien, turnen, fallen und rennen schließlich auch auf allen Vieren bellend und knurrend über die Bürobühne. Je nach Charakter und Prägung aus der Kindheit haben sie gelernt, sich mit ihren individuellen Verhaltensmustern über Wasser zu halten. Sie glauben, sich als Selbstschutz Masken aufsetzen zu müssen.

Tatsächlich hindern diese Versteckspiele mehr als sie uns nützen. Hinter diesen Masken verbergen sich verletze Menschen, die sich selbst zerfleischen oder in eine Scheinwelt flüchten, um ihre angestauten Aggressionen nach außen zu verbergen.

Das Thema ist nicht neu, wir kennen es, wir wissen es, wir kämpfen auch heute nach dem alten Muster um den Platz an der Sonne. Solange sich die Welt so dreht wird sich nichts ändern. Unsere Sehnsüchte gehen in andere Richtungen. Wovon träumt Kristensen schon zu Anfang des Stückes? Sie will ihr rotes, hübsches Kleid anziehen, aus ihrer alten Rolle schlüpfen und sich frei fühlen.

Die Spirale dreht sich zunehmend rascher, bis einer nach dem anderen geistig und körperlich zusammenbricht und der Realität ins Auge schauen muss. Nun werden sie reif für eine Kursänderung. Sie tun sich zusammen stoßen miteinander an und feiern. Nicht öffentlich in den Büroräumen sondern an dem Ort wohin sie sich in ihrer Not so oft zurückziehen: an einen Ab-ort, dem Sanitärraum Offen bleibt, ob in der Chefetage diese Veränderung überhaupt wahrgenommen wird. Soweit so klar und deutlich. Tatsache ist, dass keiner noch jemals hinter den sich automatisch schließenden überdimensionalen Türen, einem Höllenschlund nicht unähnlich, jemals als Sieger hervorgegangen ist.

Trotz der überragenden Leistung der Akteure werden Längen spürbar, über die die Hektik des Gebotenen nicht hinweghilft.

05.02.2005

Ulrike Guggenberger,  Dorfzeitung

 

 



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Fotos: Schauspielhaus/ HM Gasser
Bildauswahl: Karl Traintinger