Was wurde nicht alles erzählt von der Produktion dieser CD: geplante
Studiozeit und geplantes Budget exzessiv überschritten, unrealistisch hohe
Ansprüche der Herren Mitter und Lipp (der Kern von 4exp2) an extra
eingeladene Gastmusiker, immer wieder neu aufgenommene Passagen,
Koordinationsprobleme der zahlreichen Musiker, Unsicherheit, ob die CD zur
lang geplanten CD-Präsentationstour überhaupt fertig wird.
Musik für schöne Menschen – das Waterworld der österreichischen
Popmusik? Mitter und Lipp als abgehobene Künstler, den Kopf vernebelt vom
Erfolg ihres „Dances with the wolf“ röhrenbusen?
Entsprechend groß die Spannung beim ersten Reinhören. Eine
Stiländerung war ja schon abzusehen, die letzten Konzerte hatten bereits
drauf hingedeutet, dass hier jetzt nicht mehr wild abgerockt wird, sondern
eher eigenartig stampfend-dadaistisch musikalische Muskeln gezeigt werden.
Aber Song eins, der Titelsong „Musik für schöne Menschen“ kommt als
wunderschön-reduziertes Elektronikthema völlig anders daher, als man’s von
4exp2 je erwartet hätte. Doch das ist nur Einleitung, bereits ab Song
zwei, Das Publikum, wird gezeigt, dass 4exp2 musikalisch alles können und
das auch sehr gerne mal demonstrieren.
Bei Song drei, Er/Sie taucht eins der Grundthemen dieser CD
erstmals auf: die Liebe.
Das ewige Hin und Her aller Liebespaare, die ewige Unfähigkeit,
eins zu sein, selten ist es schöner beschrieben worden als hier in den
seltsamen, irgendwie immer leicht verschobenen Texten von David Lipp, dem
es mit seiner Textmethode immer wieder gelingt, komplizierte Themen und
Wahrheiten, die mit konventioneller Sprache kaum beschreibbar sind,
ungewöhnlich berührend auf den Punkt zu bringen.
Das Thema Liebe taucht auch bei Song 4, Im Auto Ist Für Verliebte
Menschen und vor allem bei Song 8, Ich Habe ein Mädchen Gesehen, meinem
persönlichen Favoriten auf dieser CD, wieder auf. Auch hier wieder –
David’s seltsame Sprachmuster treffen, unterstützt von wunderbaren
Arrangements einen neuralgischen Punkt in Herz oder Hirn, der einen eine
tiefe Wahrheit spüren lässt.
Der Rest der CD? Ein bunter Strauß an Melodien, wie 4exp2 selber
sagen, eine Leistungsschau, bei der 4exp2 nach Belieben verschiedene
Musikstile, vom Freejazz bis zum Stonerrock, vom Psychoprogrock über
smoothe Elektronik alles streifen und mitnehmen, worauf sie grad so Lust
haben. Immer spannend, immer beeindruckend, immer immens kräftig.
Fazit: Sicher die beste CD, die mir heuer bisher untergekommen ist
und auch das bis dato beste Werk der 4 experimentellen die nur 2 sind.
Definitiv kein Waterworld. Wenn schon Film dann wohl eher 2001 – Odysee im
Weltraum.
Wolfgang Almer,
Dorfzeitung
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