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01. Dezember 2005
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A R C H I V

Zeitzuender

Watergate a là carte

Es ist noch nicht lange her, da flimmerten die Bilder von gefolterten Irakern um die Welt. Täter waren schlecht ausgebildete amerikanische Soldaten; es stand die Frage im Raum, ob der Befehl dazu nicht von den Vorgesetzten kam. Der Irakkrieg wurde offiziell für beendet erklärt, vereinzelt kommen immer noch Meldungen über schreckliche Attentate. Nun könnte der Krieg indirekt wieder ins öffentliche Interesse rücken mit einem Skandal.

Die Ergebnisse des Sonderermittlers Patrick Fitzgerald liegen nun nach zwei Jahren vor. Lewis Libby, der Stabschef des amerikanischen Vizepräsidenten Dick Cheney, wird wegen Meineid, Falschaussage und Justizbehinderung angeklagt. Libby trat sofort zurück.

Präsident Bush hatte behauptet, Saddam Hussein habe versucht, in Niger waffenfähiges Uran zu verkaufen. Joseph Wilson, ehemaliger US-Botschafter in Afrika, war dieser Behauptung entgegengetreten; er ging sogar so weit, dem Weißen Haus vorzuwerfen, die Fakten so dargestellt zu haben, um einen Kriegsgrund zu haben. Das Weiße Haus antwortete angeblich durch Libby, der den Namen von Wilsons Ehefrau, der CIA-Agentin Valerie Plame, angeblich bewusst enttarnt habe. Dafür wurde jedoch keine Anklage erhoben. Bei der Gerichtsverhandlung dürfte es Einblicke in die Funktionsweise des Weißen Hauses und dessen Versuch, Kriegsgründe für den Irakkrieg zu finden, geben. Im März 2003 begründete der amerikanische Präsident den Krieg damit, dass Amerika direkt durch Saddam Husseins Messenvernichtungswaffen-Programm bedroht sei. Doch diese Programme wurden nie gefunden. Vizepräsident Cheney war einer der Architekten dieses Krieges und wird folglich auch bei diesem Prozess aussagen.

Diese Affäre ist sehr brisant, schließlich ist es 135 (!) Jahre her, dass ein Spitzenfunktionär des Weißen Hauses angeklagt wird. Dabei hatte Bush bei Amtsantritt versprochen, „die Sauberkeit im öffentlichen Leben wieder herzustellen“! Bei einer Verurteilung drohen Lewis Libby (55) übrigens bis zu 30 Jahre Haft. Doch das wäre eigentlich noch das kleinste Problem für Bush. Der Irak-Krieg forderte bisher das Leben von rund 2000 US-Soldaten und nur noch 39 Prozent der Amerikaner stehen hinter ihrem Präsidenten. Dabei ist sowieso alles egal. Bush schuf sich seine eigene Welt. Er betrieb Vetternwirtschaft. Er engagierte gute Freunde und Verwandte für seine Umwelt. Ob sie diesen Aufgaben auch gewachsen waren, war ihm egal. Das beschrieb er auch selbst: „Was ich damit sagen will: Wenn Sie nicht sagen können, wie der Außenminister von Mexiko heißt, dann sind Sie, na ja, Ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Aber in Wirklichkeit sind Sie´s doch, egal, ob Sie es können oder nicht.“ Noch Fragen? Und so nebenbei waren ja auch die Wahlvorgänge, die ihn überhaupt zum Präsidenten gemacht haben, mehr als nur eigenartig. Ja, ja, die Verwandten...

Doch es wird schon alles, was er tut richtig sein, schließlich meint er ja, dass Gott persönlich ihm sagt, was er tun soll. Wozu braucht er dann aber Berater? Nur dumm, dass dieser Ex-Krieg 6 Milliarden (!) Dollar pro Monat (!) kostet, die im eigenen Land fehlen. Angefangen von banalen Renovierungsarbeiten (in Amerika gibt es kein vergleichbares öffentliches Verkehrsnetz wie etwa in Österreich!) bis zu fehlenden Soldaten der Nationalgarde, die bei Hurrikans helfen könnten. Doch man muss dem Präsidenten schon verzeihen; er ist zwar „der mächtigste Mann der Welt“, doch auch er hat Probleme: „Das ist eindeutig ein Haushaltsplan. Es stehen viele Zahlen drin.“ Ein Oberst a.D., der Stabschef unter Außenminister Colin Powell war, ging vor kurzem an die Öffentlichkeit. Es ist überzeugt, dass die gemachte Politik durch eine Intrige von Vizepräsident Cheney und Verteidigungsminister Rumsfeld bestimmt wurde. Dies sei möglich gewesen, weil der Präsident außenpolitisch nicht sehr versiert und interessiert sei. ZU diesem Thema der amerikanische Präsident: „Ich hoffe, ich bekomme ein Gefühl dafür, falls ich das Glück haben sollte, Präsident zu werden, wie meine Regierung auf den Nahen Osten reagieren wird.“ Oder: „Wenn die Osttimorianer (!) zum Aufstand schreiten, werde ich bestimmt eine Stellungnahme dazu parat haben.“

Der Wirtschaftswissenschaftler Bartlett prophezeit eine weltweite Finanzkrise, weil Amerika und seine Bürger seit Jahren viel mehr ausgeben, als sie haben.

Aber zurück zu dem Versprechen des Präsidenten, die Sauberkeit wieder herzustellen. Wenn nach einer öffentlichen Befragung das amerikanische Volk findet, dass er das nicht erreicht hat, könnte man ja eine ähnliche Strafe verhängen, wie die, die der Bürgermeister von Las Vegas für Graffiti-Sprayer empfiehlt. Der schlug vor, Verschmutzern von Hauswänden öffentlich vor laufender Fernsehkamera einen Daumen abzuschneiden.

01. 12. 2005 

Maria Schweiger, Dorfzeitung

 

 

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