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Reinhard Lackinger:
Finanzkrise? Es
gibt nur einen Ausweg!
Monster,
liebe Kinder... Monster, also alle Art von Ungeheuern erkennt man an
Merkmalen, die diese von normalen, vom Lieben Gott geschaffenen Lebewesen
unterscheiden, sagt die Großmutter, die Hand auf der Kristallkugel.
Da sind zum Beispiel abartige Figuren wie Riesen mit nur
einem Auge inmitten der Stirn, Zwerge mit spitzen, langen Ohren, Einhörner
und andere fabelhafte Wesen, sowie die Habergeiß. Manchmal genügt ein
Zaubertrunk, oder auch nur ein paar Stamperl Schnaps, um eine sonst
friedliche Person in ein Monstrum zu verwandeln.
Ein alter Mönch
meinte einmal, all das, was nicht eine göttliche Aufgabe erfüllt, sondern
wider eine solche zu konspirieren droht, sei mit Monströsem gleichwertig
und sozusagen des Teufels. Da habe ich in meiner damals noch neuen
Kristallkugel nachgeschaut um zu sehen, was er damit meinte. In ferner
Zukunft habe ich fruchtbare Landflächen gesehen, auf denen kein Getreide
und keine Rüben wuchsen, in die aber 18 kleine runde Löcher gebohrt worden
waren. Ich habe auch sauber gepflasterte, aber mausetote Altstadtkerne
gesehen, sowie fußgängerlose und menschenleere Fußgängerzonen.
Es
gibt auch unanimierte Dinge, die zu grässlichen Ungeheuern werden können.
Geld zum Beispiel. Mit dem Blut der Ureinwohner anderer Erdteile
beschmierte Tonnen von Gold und Silber und Edelsteinen finanzierten den
tolldreisten Unfug der Renaissance, stellten die Lokomotive der
Industrialisierung Europas auf die Geleise...
Heute und vorläufig
gilt für alle Münzen noch der echte Wert des Goldes, des Silbers. Aus
meiner Kristallkugel aber sehe ich Zeiten kommen, wo Geld keinen Bezug
mehr haben wird zu realen Werten. Monströse Berge von raffiniert
gemischten Wertpapieren werden von heute auf morgen ihren vermeintlichen
Wert verlieren und die Wirtschaft ganzer Länder wie ein Kartenhaus
zusammenstürzen, alle Bewohner des Planeten zu Sklaven einer kleinen
Gruppe werden lassen. Ich rede jetzt von Bankieren, sogenannten "Banksters"
mit Presse und Gesetz.
Auch der Auszählreim "Kaiser, König,
Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann" wird eine wichtige Veränderung
erfahren... und es wird eine Klasse von Sozialmonstern geschaffen
werden... sobald es einen Betriebsrat geben wird pro Quadratmeter
Fabrikshalle. Wenn demnächst die Köpfe von KaiserInnen, KönigInnen
und Edelleuten abgehackt und rollen werden, wird es heissen: "Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit"
... mà non troppo! Die sozialen
Errungenschaften werden in Grenzen, vor allem in Staatsgrenzen
gehalten werden. Es werden viele am 1. Mai die "Internationale"
anstimmen, vor Scham aber röter werden, als die Fahnen die sie mit sich
herumtragen. Die sozialen Errungenschaften werden das Mittelmeer und
andere Grenzen nicht überqueren.
Recht geschieht es den dortselbst
lebenden Ureinwohnern. Wie können sie nur so stur sein und an einem völlig
unsinnigen Verhältnis zu realen Werten festhalten? "Reichtum ohne Besitz"!
Wo hat man so etwas schon gehört? Unerhört! Bei einem derart asozialen
Benehmen hört sich jede Brüderlichkeit auf! Dann gibt es keinen anderen
Ausweg als die Eroberung, die Machtübernahme, die Kolonialisierung, um die
Ureinwohner vor ihrem "wertlosen" Irrsinn zu befreien, ihnen Fortschritt
und vielleicht sogar irgendwann Wohlstand zu bringen... vorausgesetzt,
dass sie vorerst brav und passiv in ihren Hütten verweilen.
Menschen in Entwicklungs- bzw. Schwellenländern
über viele Generationen hindurch unter "Bettelleuten" archiviert bleiben,
während mitteleuropäische Sandler, Langzeitarbeitslose, Rentner,
Staplerfahrer, Lehrer und Schornsteinfeger den neuen Adel ausmachen und
bekleiden.
In meiner Kristallkugel sehe ich menschliche Figuren,
die uns ähnlich sind - was die Arbeit, die Armut betrifft - aber eine
andere und dunklere Haut, sowie drahtig und spiralförmiges Haar tragen,
während wir selber, also Alpenländer, anstatt Brennholz und Körbe,
Golfschläger tragen, unsere ausladenden Hosenböden nicht mehr geflickt
sein werden, sondern auf Drahteseln hocken, uns der durchgehenden
Fahrradwege erfreuen... von Nofels bis Mureck....
Während für arme
und neidige Drittweltler jede Minute eines Besuches in Europa eine
Zelebration, einen magischen Augenblick darstellt, den sie wie verklärt
erleben und ausnützen, begnügen sich deutsche, schweizer und
österreichische Urlauber nach wie vor damit, tagelang in eigenartig
riechenden Kneipen an tropischen Stränden herumzulungern, Bier aus
kleinen, dickwandigen Gläsern zu saufen, eventuell eine dunkelhäutige
Dirne aufzureißen, oder es mit einem Mulattenbuben zu treiben.
Sogar meine Kristallkugel wird in Zukunft eine monströse Rivalin
kennenlernen: das Fernsehen.
Wenn wir heute noch am Rande des
Hungers leben, abends von der harten Arbeit ausruhen, unsere Gesichter im
Schein des brennenden Kienspanes beobachten, ist es gut, wir lassen die
Kristallkugel in Ruhe und verzichten auf die von Konsumwut entstellten
Fratzen derjenigen, die in zwei bis dreihundert Jahren jeglichen Bezug zu
unserem einfachen Leben verloren haben werden... ... und es wird
keiner da sein der diesen menschähnlichen Geschöpfen dann sagt, wie sie
aus ihrem finanziellen und wirtschaftlichen Schlamassel herausfinden
können.
Wer nach jeder Finanzkrise ein Happy End erleben
will, soll versuchen, sich damit zu begnügen, der Öffentlichen Hand und
der Sozialen Gewissheit zuzuwinken, dann aber gleich die Hemdärmel
aufkrempeln und beginnen Erdäpfel anzubauen, Geflügel zu züchten, ein
Schwein zu mästen... genauso wie ihre Ahnen das getan haben werden in den
schlechten Zeiten nach den Kriegen... und es wird wieder Heiligkeit
erstrahlen von schwitzenden Gesichtern und die Schatten etwaiger Monster
werden von einem Hoffnungslüftchen weggeblasen sein.
Salvador, Bahia,
Brasilien 19. Jänner 2008
Reinhard Lackinger, Dorfzeitung
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