Weihnachten

Von Annabell Brand

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 Es geht Schlag auf Schlag. Zuerst langsam, dann immer schneller. Der erste Adventssonntag, davor der erste unerträglich überfüllte Weihnachtseinkaufssamstag, an dem alle Leute, wie von unsichtbarer Macht gezogen, in die Einkaufszentren drängen, um gerade und ausschliesslich an diesem Wochentag ihre Weihnachtseinkäufe zu erledigen, Geschenke zu kaufen und um schliesslich ermattet im Kaffee zusammenzusinken, mit einem Wust an Tüten um sie herumgestapelt, jede durch mindestens halbstündiges oder noch längeres Anstehen in der Schlange erkämpft. Die Zeit fängt an zu rasen, plötzlich ist es bereits der dritte, dann schon der vierte Weihnachtseinkaufssamstag. Manche gehen es mit Ruhe an, bleiben klugerweise zu Hause, doch andere versinken im weihnachtlichen Einkaufsstress, hier fehlt noch ein Geschenk, da muss noch eine Karte versendet werden, dort noch ein Teller Kekse hingebracht werden. Selbstgebacken versteht sich.

Und dann, dann ist es soweit. Die Zeit der grössten und häufigsten Familienstreitigkeiten ist da. Weihnachten. Alles soll perfekt, harmonisch sein, die gesamte Familie kommt zusammen und hockt aufeinander, aneinandergeschweisst durch zweieinhalb Feiertag, an denen man plöztzlich nicht mehr einkaufen kann, nicht mehr ins Kaffehaus rennen oder sonstwohin.

Man lebt zusammen ein einem Haus, einer Wohnung, kommt höchstens mal durch einen Spaziergang raus.

Doch die Erlösung naht. Der 27. Dezember. Ganz normaler Geschäftstag. Ganz normal? Nein. Die Geschäfte werden gestürmt von umtauschwütigen Unzufriedenen, von Gutscheineintauschern und von Einkaufsjunkies, die nach drei Tagen Entzug dringend wieder ein Geschäft von innen sehen müssen. Wie immer haben mehr als ein Geschenk nicht gefallen und man versucht, es in etwas mehr gefälliges zu tauschen, entweder direkt im Geschäft oder z.B. auch auf Tauschbörsen im Internet. Abends kommt man dann, wiederum vollbepackt nach Hause. Und überlegt ob man Salat oder Salat zu Abend ißt um die in den Feiertagen gewonnenen drei Kilo wieder abzuspecken.

Alles in allem, ist es das, was Weihnachten ausmacht? Sollten all diejenigen wirklich recht haben, die auf Weihnachten pfeifen und einfach wegfahren?

Nein, eigentlich glaube ich das nicht.

Ich glaube, dass alles gehört einfach dazu. Weihnachtsstress wird nur mit dem falschen Wort benannt. Ich würde eher sagen, es ist die Aufregung davor. Sich Gedanken machen, was man seinen Lieben schenkt. Auf die Jagd gehen, nach passenden Geschenken. Die Freude, wenn man etwas gefunden hat, von dem man weiß, daß es große Freude hervorrufen wird. Das Einpacken. Sich Mühe geben. Kekse backen am Sonntag und schon naschen. Weihnachstmärkte, mit ihrem Duft nach Maroni, Zimt, Punsch. Festlich beleuchteten Städte und überalle kleine Lichter in den Fenstern oder auf den Tannen und anderen Bäumen. Die Vorfreude. Und schliesslich doch – die Familie. Natürlich kommt es eher mal zu einem Streit, weil man es einfach nicht gewohnt ist, für ein paar Tage seine Freiheit aufzugeben und miteinander zu leben und aufeinander einzugehen. Trotzdem ist es schön wieder einmal alle beieinander zu haben. Und seien wir uns ehrlich, es ist einfach nicht leicht, bei jedem hundertprozentig zu erraten, was er oder sie gerne mag. Dann können wir froh sei, dass ein Umtausch möglich ist. Vielleicht haben wir ja nächstes Jahr mehr Glück.

Auch ich habe schon darüber nachgedacht, einfach mal all dem zu entfliehen und auf Urlaub zu fahren. Aber seien wir uns ehrlich. Würde ich Weihnachten alleine oder auch zu zweit irgendwo am Strand in der Sonne hocken, während ich weiß, daß sich zu Hause alle ein frohes Fest wünschen, jeder dem anderen ein Zeichen seiner Wertschätzung überreicht und dann gemeinsam Weihnachstlieder gesungen und Kekse bis zum Bersten genascht werden, ich denke, ich würde heulen. Denn es gehört einfach alles zusamen. Die negativen und die  positiven Seiten. Das ist einfach Weihnachten und man sollte es, jeder auf seine Art, genießen, so gut man kann.

Denn danach muß man wieder ein Jahr auf die nächste Chance warten.

 

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