Ungehemmter Zuzug in Bürmoos

Ein offener Brief eines "alten" Bürmooser Gemeindebürgers an den Bürgermeister, die Bürgermeisterantwort und Zeilen einer "neuen" Bürmooserin. 

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Wolfgang Bauer
Julius Fritschegasse 29
A-5111 Buermoos
Tel: 0043/6274/7050
Homepage: http://members.aon.at/wolfgang.bauer 
e-mail: w.bauerbuermoos@aon.at 

Lieber Bürgermeister Seeleithner, lieber Martin,

Die Sorge um das Ansehen unserer Gemeinde und die weitere Kulturarbeit hier, veranlassen mich, Dir diesen offenen Brief zu schreiben.

Besser als in dem Interview im ORF Salzburg bezüglich der Erhaltung des Rendl - Hauses in Bürmoos konnte man das Desinteresse an kulturellen Themen nicht demonstrieren. Du möchtest Vizepräsident der Rendl Gesellschaft sein und findest es nicht einmal notwendig, der Gesellschaft ein Wort davon zu sagen, daß diesem Haus und der Bienenfarm der Abriss droht. Und das, obwohl die Gesellschaft Interesse am Erhalt des Hauses bekundet hatte. Es ist ja nicht irgend ein Haus, sondern hier hat Georg Rendl über 10 Jahre gelebt, hat hunderte Gedichte geschrieben, zahlreiche Novellen verfaßt und viele Vorstudien für einige seiner später so erfolgreichen Romane geschrieben.

Foto: Daniel Krainer

Warum es keine sechs oder acht Rendlhäuser geben kann und wird, wie im Interview erwähnt, kann ich Dir gerne einmal erklären. Bürmoos hätte so eine kleine Kulturstätte dringend notwendig. Weder gibt es bisher einen Platz für eine kleine Heimatsammlung über die Glasmacher, Ziegelbrenner und Torfstecher, noch geeignete Räume für Lesungen und dergleichen oder gar für ein Gemeindearchiv, für das einige Leute bereits umfangreiche Vorarbeiten geleistet haben. Wenn Du behauptest, daß Rendl kein Bürmooser ist, weil er weder in Bürmoos geboren wurde, noch in Bürmoos gestorben ist, dann hast Du recht. Aber dann bist Du auch kein Bürmooser!

Foto: Daniel Krainer

Jetzt aber soll das Haus geschliffen werden und eine Reihenhausanlage dort entstehen. Wieder wird ein Stück Geschichte von Bürmoos vernichtet ohne einem Wort des Bedauerns, genau wie bei den beiden alten Wirtshäusern - darunter das älteste Haus des Ortes – die in den letzten beiden Jahren demoliert wurden. Weiter wird fleißig von Grünland in Bauland umgewidmet, werden Reihenhäuser in Baulücken gepreßt und für ungehemmten Zuzug geworben.

Aber die Leute die hierher kommen, die wollen nicht nur hier schlafen. Sie erwarten auch eine Infrastruktur, die den Ort lebenswert macht. Der neuerweiterte Kindergarten ist jedoch jetzt bereits zu klein, Schulen, Wasserversorgung usw. ebenfalls. Wir haben zwar einige Gewerbegebiete, aber Firmen sind noch keine hergezogen und so müssen viele Leute in die Stadt auspendeln.

Foto: Daniel Krainer

Du wirst nicht in die Geschichte des Ortes eingehen als Paris Lodron von Bürmoos. Jener schuf in Salzburg großartiges, was bei uns aber jene wohlproportionierten alten Häuser ersetzt, sieht eher aus wie vergessene Baucontainer. Nicht umsonst loben die Architekten, daß in Bürmoos jede Form des Bauens möglich ist. Daß eine Integration der Leute durch den ungehemmten Zuzug nicht mehr möglich ist - wen stört das schon.

Kultur findet trotzdem statt in Bürmoos. So wird am 13. Oktober eine Ausstellung über Georg Rendl im Gemeindezentrum eröffnet und am Abend wird Karl Merkatz eine Lesung aus "Die Glasbläser von Bürmoos" halten. Daß man mit bekannten (zeitweiligen) Gemeindebürgern auch Kulturtourismus ankurbeln kann, beweisen die umliegenden Gemeinden. Mit den Schöpfern des Weihnachtsliedes "Stille Nacht, heilige Nacht" Mohr und Gruber – zwei Amateuren, die einen Glückstreffer landeten,  der Jahrzehnte lang vergessen war - werben nicht nur Arnsdorf und Oberndorf, sondern auch Hochburg, Stadt Salzburg, Hallein, Hintersee und Wagrain. Sogar in Amerika steht eine Stille Nacht Kapelle Nachbildung.

Vielleicht könntest Du diesen Brief zum Anlaß nehmen und Deine Politik soweit überdenken, daß von den 6-8 Millionen Mehreinnahmen (nach eigenen Aussagen) auf Grund des Bevölkerungszuwachses auch ein Teil für Kulturarbeit vorgesehen wird. Das interessiert mehr Menschen als Du glauben wirst.

Mit besten Grüßen  Wolfgang Bauer

Zur allgemeinen Information.
In einem persönlichen Gespräch am 14. Mai 2001 mit dem Präsidenten der Georg Rendl Gesellschaft, Standl Josef hat er auf meine direkte Anfrage bezüglich des Georg Rendl Hauses in Bürmoos erklärt, daß von der Georg Rendl Gesellschaft keine Absicht besteht, sich um dieses Haus zu kümmern oder gar zu erwerben.
Gruß
Martin Seeleithner    Bürgermeister der Gemeinde
                      Privat: martin@sbg.at
Gemeinde: buergermeister@buermoos.at Gemeinde: 06274/4205-12  Mobil:0676/3184637 www.buermoos.at   
                    

 

Ungehemmter Zuzug in Bürmoos!!!

Am 21.09.2001 wurde in einem offenen Brief an den Bürgermeister M. Seeleithner vor dem ungehemmten Zuzug in die Gemeinde Bürmoos gewarnt, vor der Gefahr, dass diese Leute, die da „ungehemmt“ zuziehen nicht integriert werden können und damit die Kultur gefährden.
 

Als ich diesen offenen Brief las, war ich – vorsichtig ausgedrückt – verwundert.

Meine Großeltern waren Vertriebene nach dem 2. Weltkrieg und siedelten sich in den späten 40-iger Jahren in Bürmoos/ Zehmemoos an. Zehmemoos – früher als die „Neue Welt“ bezeichnet – wurde für viele Vertriebene eine neue Heimat.

Auch die Geschichte der Gemeinde Bürmoos zeigt, dass diese Ansiedlung aus Zuwanderern  entstanden ist – Böhmen, Italiener, Gallizier, Tschechen, Polen, Rumänen, Sachsen, Siebenbürger und Sudetendeutsche.

Trotz des Sprachgewirrs, dass damals geherrscht hat, haben die Bürmooser ein Gemeinwesen entwickelt, in dem viele Nationen, Traditionen und Sprachen Platz hatten und gemeinsam zu einem neuen Zusammenleben gefunden haben.

Ich bin keine gebürtige Bürmooserin, aber als Kind habe ich teilweise meine Ferien hier verbracht und bin nun im Dezember 2000 nach Bürmoos zugezogen – ungehemmt!

Alle Bürmooser/-innen, denen ich begegne, sind ausgesprochen freundlich und liebenswürdig – und ich hatte keinen Augenblick lang das Gefühl, dass ich in diesem Gemeinwesen nicht willkommen sei. Ich weiß auch nicht, warum jemand, der mich nicht kennt, der Ansicht ist, dass ich nicht integrierbar bin, oder das Gemeinwesen gefährden könnte.

Nun ist es so, dass ich Österreicherin bin und daher solch einen Brief gelassener betrachten kann, als vielleicht jemand, der wirklich als Fremder hier zuzieht.

Möglicherweise jemand, der die deutsche Sprache nur mangelhaft beherrscht.

Es gibt offensichtlich auch einige, die auf einmal vergessen haben dürften, dass sie selbst von Zugezogenen abstammen, denn in den letzten Wochen habe ich Meinungen in Bürmoos gehört, die eindeutig weniger freundlich und liebenswürdig waren und  die mich nachdenklich gestimmt haben: „Die gehören alle hinausgeschmissen“, „Die zerstören unsere Rasse“, „Das sind alles Asoziale“.

Und von einem zugezogenen Ausländer „Ich habe Angst, ich habe Frau und Kinder zu Hause und ich habe Angst“.

Ich habe Bürmoos bisher als eine Gemeinde erlebt, die sehr wohl in der Lage ist, mit neuen Mitbürgern in einer weltoffenen Art umzugehen. Dies begründet sich wohl aus den multinationalen und multikulturellen Wurzeln dieser Gemeinde.

In den letzten Wochen haben wir gelernt, dass Ereignisse, die tausende Kilometer entfernt stattfinden, für uns alle Auswirkungen haben – auch wenn das der eine oder der andere noch nicht wahrhaben will.

Wenn aber Ereignisse – egal wo sie stattfinden – für alle Auswirkungen haben, dann bedeutet dass, das auch wir in Österreich jetzt über unser Verhalten und über unsere Äußerungen genauer nachdenken müssen.

Das Problem liegt oft nicht im „ungehemmten Zuzug“ sondern vielmehr an der Unbedachtheit und an dem Desinteresse anderen Menschen gegenüber, vor allem dann, wenn es sich um Menschen aus anderen Kulturkreisen handelt über die wir nur wenig wissen – zu wenig, wie sich herausgestellt hat.

Wir leben nicht mehr in einer kleinen abgeschlossenen Welt, in der Dinge, die irgendwo passieren, unbedeutend sind. Es reicht nicht mehr, gelegentlich in ein anderes Land zu fahren um dort Urlaub zu machen und ansonsten ist es uns egal, was außerhalb unserer kleinen Welt passiert. So wie Europa – und damit auch Österreich – in andere Kontinente und Kulturen Veränderungen hineinträgt – durch Tourismus oder Firmenansiedlungen – so tragen andere Kontinente und Kulturen Veränderungen in unser Leben. Dieses Faktum ruft uns dazu auf Formen des Gemeinwesens zu finden in denen Platz für alle ist.

Dies ist gewiss keine leichte Aufgaben – weder für diejenigen, die bereits hier leben, noch für diejenigen, die sich hier ansiedeln und ebenfalls ein Teil des Gemeinwesens werden möchten.

Ich bin jedoch der Ansicht, dass eine Gemeinde wie Bürmoos, die ja einen sehr reichhaltigen Erfahrungsschatz an Integration und Zusammenleben unterschiedlichster Völker und Kulturen aufweisen kann, ist mit Sicherheit in der Lage, diese Aufgabe, die sich jetzt stellt, erfolgreich zu bewältigen und friedvolles Miteinander wachsen zu lassen.

Michaela Essler 

 

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