Eine Weihnachtsgeschichte von Honzi

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„Eine Gute Nacht Geschichte, Pappi. Bitte, bitte“
„Also gut, ihr Lieben, schön zugedeckt und die Ohren gespitzt.“

Ich richtete mir die Nachttischlampe und begann zu erzählen:

„- Es ist noch gar nicht so lange her, vielleicht fünfundzwanzig oder dreißig Jahre, da war auch so ein Winterabend wie heute. Draußen schneite es heftig, der Wind blies, es war schon finster und in den Häusern und Wohnungen breitete sich vorweihnachtliche Stimmung aus. Kaum jemand, der noch in den Straßen unterwegs war. Und wenn, so machte er, daß er schleunigst nach Hause kam.

Einem jedoch, schien das Wetter zu behagen. Er sprang vergnügt von Haus zu Haus, legte da sein Ohr an eine Tür oder spähte woanders durch einen Spalt im Fenster, schnüffelte hinter einem Gebüsch oder lugte verschmitzt durch einen Kamin. Es war HaxiPraxi, der kleinste aller Krampusse, der listig in der Gegend herumspionierte. Vielleicht fand er wo ein Kind, das er ein bißchen erschrecken konnte.

Plötzlich hörte er ein fröhliches Lachen und Quietschen. Es kam aus dem Haus gegenüber. HaxiPraxi lugte durchs Schlüsselloch und hörte, wie einer der größeren Buben (er hieß Daniel) sagte: „ Es gibt überhaupt kein Christkind“ und noch viel schlimmer - „und der Krampus ist bloß ein verkleideter Onkel!“

„Ehrlich wahr?“ fragten die anderen Kinder und glaubten ihm. HaxiPraxi war entsetzt. Sowas war ihm noch nie passiert. Er sauste wie der Blitz dorthin, wo er hergekommen war und trommelte die Mitglieder des Weihnachtsausschusses zusammen. Man traf sich in Kürze auf neutralem Boden, irgendwo zwischen Himmel und Hölle  und HaxiPraxi berichtete von dieser Ungeheuerlichkeit.

„Um Gottes Willen“ flüsterte das Christkind. „Allerhand“ brummte der Obernikolaus. „Hier muß etwas unternommen werden“ krächzte des Teufels Großmutter, die ihr Enkerl vertrat, also den Oberteufel, weil sich der bei einer heißen Suppe die Zunge verbrannt hatte und deshalb nicht reden konnte. „Ja, aber was“ riefen die Nikoläuse, die mit Läusen überhaupt nichts zu tun haben. „Wir wollen ja den Spitzbuben nicht bestrafen, sondern überzeugen!“ „Ja, ja“ riefen Alle - und – „wir brauchen eine gute Idee“.

Da sagte HaxiPraxi, der so hieß, weil er die Kinder gern beim Haxi packte - „Eine Idee habe ich schon.“ „Ja welche denn“ knurrte die Teufelsgroßmutter und bohrte in der Nase. „Das Christkind und ich, wir besuchen den Daniel. Und wenn er uns dann beide sieht, dann muß er an uns glauben!“

 -„So, jetzt mach ich eine kurze Pause Kinder.  Ich muß einen Schluck Wasser trinken, mein Mund ist schon ganz trocken, vom vielen Reden.“

„Gut daß du dir nicht den Mund verbrannt hast an einer Suppe“ meinte die kleine Resi, „weil die G’schicht ist richtig spannend“.

Also, jetzt geht’s weiter.

Es war der Tag vor Weihnachten.

Daniel lag schon im Bett und las, draußen schneite es. Der Wind rüttelte an seinem Fenster und, vielleicht war es nicht gut verriegelt, ein heftiger Stoß riß plötzlich beide Fensterflügel auf. Eine Schneewolke stiebte ins Zimmer und schwebte regungslos mitten im Raum. Sie wurde immer heller, die Flocken wirbelten wild durcheinander und  plötzlich erschienen das Christkind und HaxiPraxi der kleine Krampus. Daniel blieb der Mund offen vor Schreck.

„Hallo, wir sind‘s“ flötete das Christkind mit zarter Stimme.

„Glaubst du jetzt an uns“ fauchte HaxiPraxi und, während das Christkind ganz lieblich anzusehen war, zeigte HaxiPraxi seine scheußlichste Grimmasse. Gelber Schwefeldampf kam aus seinem Mund, die Zunge hing ihm bis zum Nabel und er hatte viele schwarze Haare auf der Brust. Igitt.

Daniel zitterte. „Und damit du morgen nicht glaubst, du hättest alles nur geträumt, lassen wir dir etwas da, zur Erinnerung“.

Und das Christkind zog eine goldene Feder aus seinem Ärmel und HaxiPraxi riss sich ein langes schwarzes Haar von seiner Brust. Sie legten beides auf Daniels Tuchend, stiegen in ihre Wolke und verschwanden. Wie von Geisterhand schloß sich das Fenster und es wurde ganz still. Daniel lag noch lange wach und  hielt Feder und Haar in seiner Hand.

„Seit diesem Tag glaubte Daniel ganz fest an das Christkind und an den Krampus“, sagte ich. „Aber das war doch bloß eine Geschichte, Pappi. Ich glaub‘ nicht dran“, sagte mein Ältester.

„Nun, die Geschichte ist noch nicht ganz aus“,

sagte ich, ging hinaus und kam mit einer dunkelblauen, flachen Pappschachtel wieder. Ich öffnete sie und nahm die goldene Feder und das schwarze Haar heraus. „Ja meine Lieben, der ungläubige Daniel damals war ich! Und jetzt schlaft schön, ihr Schnutzelbutzelkinder. Morgen kommt das Christkind.“

 

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