Die Fotografie Gabriele Seethaler

Ein Portrait von Ulrike Guggenberger

 

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Gabriele Seethaler -
ein zweites Ich  als Fotokünstlerin

Innenschau - ein Experiment

Der Naturwissenschafter sucht mit seinen Methoden nach Antworten auf seine Fragen, der Künstler tut es ebenso.

Gabriele Seethaler ist in beiden Disziplinen zuhause, der exakten Welt der Naturwissenschaft und der intuitiv strukturierten, nicht berechenbaren Welt der Kunst.

Eine zentrale Frage im Leben jedes Menschen lautet: „Wer bin ich?“. Wodurch unterscheide ich mich von anderen, worin besteht meine Individualität?

Michel Foucault  gibt uns die Empfehlung „Wir müssen uns wie ein Kunstwerk begründen, herstellen und anordnen“. Das führt in weiterer Konsequenz zur  „Ästhetik der Existenz“ und damit zu Lebenskunst.  

Gabriele Seethalers konkretes Dasein ist  Schauplatz und Ausdrucksmittel, sie selbst ist das Medium ihrer künstlerischen Gestaltung. Die ersten Selbstporträts entstanden spielerisch in der Natur, fernab von Labor und Wissenschaft. Aus dem Zufallsprinzip entwickelten sich neue Kombinationen.

In der speziellen Anwendung der Kamera durch Auflösung und Erweiterung der sichtbaren Außenwelt zeigte sich in  einem verlängerten Wahrheitsmoment das „zweite Gesicht“ der Gabriele Seethaler. Aus der experimentellen Selbsterkundung wird Selbsterfindung.

Mit dieser neu gewonnenen  Innenschau  geht sie konsequent und wissenschaftlich an ihre künstlerische Arbeit heran. Ihre Neudefinition des klassischen Begriffs des Selbstporträts sprengt die Grenzen der Fotografie und trägt zur Mystifizierung  der Künstlerin  sowie des Kunstwerkes bei.

Im Spannungsfeld des ästhetischen Pluralismus der neunziger Jahre passiert das Neue durch Integration des eigenen Umfeldes, das Thema der Kunst ist das eigene Leben. 

Kreativität äußert sich bei Gabriele Seethaler als eine ganz bestimmte Form von Wahrnehmung der Realität, die sie in ihren Fotoarbeiten als den eigentlichen ästhetischen Moment inszeniert.

Das wird in der Poesie der Serie „Metamorphosen“ sichtbar, ebenso wie bei „Dualité“, wo jede „Doppelgesichtigkeit“ einen eigenen Charakter visualisiert, das zeigt sich als feine Spaltung in ihren Selbstporträts.

Ihre künstlerische Praxis richtet sich an alles Vorhandene - eine Truhe in einem Hotelzimmer, der Keller eines Hauses, Hände, die das Gesicht bedecken, Natur. Grafische Elemente und Abstraktion entstehen durch Weglassen und Farbakzentuierung, bis die Struktur als Bauplan des bestimmten Objektes, z. B. eines Gesichtes, erkennbar wird. Hier geht es der Naturwissenschafterin um das Herausfiltern der Ordnung eines Zellkernes, um die Suche nach dem organischen Aufbau.

Gabriele Seethaler definiert in ihren Arbeiten ein neues, individuelles Verhältnis zum (eigenen) Körper und befindet sich mit dieser Thematik und in der Art der künstlerischen Umsetzung in der Reihe der Neo Avantgardisten.        

Es geht um die künstlerische Tätigkeit, darum, das eigene Leben neu in die Hand zu nehmen, darum, der  persönlichen Wahrnehmung  Gestalt zu verleihen.   

 

 

 

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Gabrielle Seethaler 
- a second identity as photographer

view inside – an experiment

Scientists, in their experiments, search for the answers to their questions as does the artist. Gabrielle Seethaler is equally at home in the precise world of science as in the incalculable and intuitively driven world of art.

One of life’s major questions is „Who am I?“ How do I differentiate myself from others, where lies my individuality.

Michel Foucault states „we should start out, establish and arrange ourselves as works of

art“. Which consequently leads to the „aesthetics of existence“ , to the art of living.

Gabrielle Seethaler's strength in artistic design lies in the settings and expressions of the medium i.e., herself.  Her first self portraits evolved playfully in nature, far from the laboratory. New ideas and combinations developed randomly.

By  decomposing and expanding the visible outside World, Gabrielle Seethaler is able to

show in a lengthened moment of truth her „other side“. Experimental self exploration leads to self fabrication.

With this newly discovered view inside herself she works scientifically and singlemindedly on her artistic concept. Her new definition of the classical term of the self portrait breaks the boundaries of photography leaving us with the mystification of the artist and her works.

The innovation of the 90‘s aesthetical pluralism involves the integration of one’s own

surroundings; the theme of art becomes one’s own life.

Creativity surfaces from Gabrielle Seethaler in her own perception of reality which she stages in her photographic works as the true aesthetical moment. This is demonstrated in the poesy of the series entitled „Metamorphosis“ as well as „Dualité“ where each individual „otherside“ reveals its own personality; this is also evident in the fine splits of her many self portraits.

In her artistic practice she uses all objects around her: a wooden chest in a hotel room, the boiler-room in her home, hands hiding a face, nature. Graphic elements are achieved through deminishing and accentua-ting light until the structure is visible as a construction plan of the desired object    (eg. a face).

Gabrielle Seethaler defines a new and individual relationship towards the body (her own) and finds herself with this theme and artistic interpretation in the ranks of NeoAvant-gardism. What is important is the artistic action, to take your life in a new way in your hands and give shape to your personal perception.

  

 

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