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Michael Feichtinger, Graz

 

 

 

 

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modern times

(die kolumne ohne pointe)

es wird eng, sehr eng auf der welt. aber im "cafe au lait" oder "oleee", wie die stammkunden oft kalauern, weil der wirt zwar kein spanier ist, aber doch peter heißt, was der deutschen übersetzung von piedro entspricht, ist immer ein plätzchen frei.

grisu und tt7 sind schon da und witzeln was das zeug hält. die beiden kommen meist so um halb sechs. die anderen trudeln dann in den nächsten zwei, drei stunden so nach und nach ein. mr.wix, die waldfee, plum und all die anderen. die ganze clique eben. peter der wirt gibt bier aus und auch themen, sollte bedarf bestehen, aber meistens wird zwanglos gesmalltalkt. kommt ein neuer hinzu, wird artig gegrüßt, doch man bleibt reserviert. die aufnahme in den erlauchten kreis der stammgäste muß man sich erst hart erarbeiten. vielen fehlt die geduld dazu und die vielen linksliegenlassungen bis zur ersehnten dazugehörigkeit sind eine arge probe fürs ego und veranlassen schwache durchsetzer dazu, sich beleidigt zu trollen. grisu, tt7 und all die anderen können sich ja nicht um jeden und alles kümmern. sie haben ihre eigenen sorgen und sind glücklich, daß gleichgesinnte da sind, mit denen sie jene auch hinforterörtern können.

es ist fast wie im richtigen leben.

derweil pfeift ein heißer wind durchs wohnzimmer und diese typischen rundgebilde aus den stimmungshemmerwestern hoppeln am fernsehapparat vorüber. spinnweben schmücken die ecken im ledersofa, das eigentlich dazu geschaffen wurde, daß jemand es an samstagen und mittwochen sorgfältig frequentiert. aber es riecht nicht mal andeutungsweise nach verschütteten bier und kein einziger chipskrümel hat sich in den schwerzugänglichen hohlraum zwischen sitz- und lehnpolster verirrt. brandlöcher? fehlanzeige!

es war ein großer irrtum der medienphilosophen in den achzigern, daß wir uns zu tode amüsieren und dabei vereinsamdummen. der mensch sitzt nicht träge und stumm vor einem kasten und rezipiert, er ist kontaktfreudig und geht gern unter leute. und der kasten in dem er das tut, ist auch ein ganz anderer.

selbst elfährige, von denen man annehmen sollte, daß sie noch gar nichts wichtiges mitzuteilen haben, treffen sich in eigens eingerichteten räumlichkeiten um sich gegenseitig mit news zu versorgen. daß sie ein hochgeschwindigkeitsmedium dafür zur verfügung haben, ermöglicht es ihnen, pfeilgerade aneinander vorbeizureden, denn sie können ihre fragen schon eintippen, wenn der gesprächspartner noch am basteln eines eigenen begehrs ist. ebenso fast wie im richtigen leben. die kommunikation verblüht im blühen. keine spur von sozialarmut.

aber auch an den oberkanten der unzähligen bücher in den unzähligen regalen, immer garanten für abschottung und umweltflucht, hat sich eine zweifingerdicke schicht gebildet, die man gar nicht mehr als staub bezeichnen kann. sie zu beseitigen wäre eine zumutung für den magen und die lunge und vor allem würde man eine prächtig gediehene flora des lebensraums berauben.

dochdoch, es gibt sie schon noch, die eifrigen leser. die bücherwürmer, die "einfach alles verschlingen", was ihnen vor die glotzerchen kommt. aber kann man die ernst nehmen? das ganze klingt zumindest nicht sehr aufnahmeintensiv. da bleibt sicher noch der eine oder andere sinn frei, um nebenher weitere dinge zu verrichten.

mf

(c)michael feichtinger

Seitenanfang Fotos: Karl Traintinger

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