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Der Distelverein

Ein Bericht von Walter Hansy
Gänserndorf, NÖ

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Die Linolschnitte
stammen aus dem Zyklus
"Erdmusik" von
Gottfried "Laf" Wurm

So konnte es ja nicht weitergehen. Wir haben wirklich alles getan um uns mit der Natur zu zerstreiten. Sogar der Politik wurde es zu bunt unde zuwenig grün: "Versöhnung mit der Natur" war Headline eines Plakates im steirischen Landtagswahlkampf mitte der 80er.

Geburtsstunde für viele Naturinitiativen war die Besetzung der Hainburger Au. Ein Kraftwerk, dessen Rückstau die Donauauen zerstören würde, versammelte tausende plötzlich Gleichgesinnter. Das Woodstock der Umweltaktivisten in Österreich.

Diskussionen zwischen ortsansässigen Bauern und ehemaligen Aubesetzern über die Umwandlung der Donauauen in einen Nationalpark (um weitere Kraftwerkspekulationen zu verhindern), führten zur Gründung eines Vereines. Ziel: Die Einheimischen wollen die Versöhnungt mit der Natur selbst herbeiführen. Keine Einmischung von außen. 1985 gab es die ersten Streitgespräche, zwei Jahre später wurde ein Verein aus der Taufe gehoben, der alle Probleme erkennen und aus der Welt schaffen sollte: Der "Distelverein" erblickte am 14. Jänner 1987 in der Donaugemeinde Orth das Licht der Welt. Obmann wurde Intitiator und Triebfeder Ing. Hermann Schultes, Landwirt aus dem Zwerndorf an der March.

Grundidee: Die Landwirte lassen einige Meter breite Streifen bei bestimmten Feldern frei, meist neben Windschutzgürtel gelegen. Damit erreichte man zwei Ziele: Die zum Windschutz gepflanzten Baumreihen wurden somit verbreitert, die Feldtiere hatten neue Nistplätze und Schutzräume, bereits verloren geglaubte Pflanzen tauchten wieder auf. Ein Netz solcher Streifen, So gut es geht miteinander verbunden, war Ziel des Vereines. Nach einem Jahr gab es bereits 50 Kilometer dieser neuen Lebensräume für Pflanzen und Tier, in unmittelbarer Nachbarschaft zu intensiv genutzen, ertragreichen Marchfelder Ackerböden.

Gemeinsam mit der Agrarbezirksbehörde wird ein Landschaftsfonds erarbeitet. Die Bauern, die sich bereit erklären, freie Flächen liegen zu lassen und diese nach genauen Vorschriften zu pflegen, sollen ihre Arbeit schließlich auch abgegolten bekommen. Schließlich können dioe Flächen mit einer Sonderrichtlinie des Landwirtschaftsministeriums finanziert werden.

Ein weiterer Schwerpunkt ist der Schutz der Marchwiesen, Teil des Überschwemmungsgebietes des Grenzflusses March zwischen Österreich und der Slowakei. Sensationell die Funde von urzeitlichen Flusskrebsen, die hier heute jedermann finden kann. 215 Hektar Wiesen waren bereits 1992 unter Vertrag.

1994 ist die Zahl der Ökowertflächen-Partner auf 1.600 Vertragsparnter explodiert. Die Idee hat bereits 48 Projektbegiete und 1.763 Hektar in ganz NÖ erfasst. Mit dem raschen Wachstum kommen aber auch die Probleme. Der Distelverein ist zwar Herzeigeprojekt aller Organisationen und vieler Politiker, die erforderlichen Mittel sind aber immer schwieriger aufzubringen und treiben den Verein sogar an den Rand des Ruins. Vom Umweltministerium kommt die Rettung: Im Rahmen des Ramsar-Abkommens soll der Verein ein Management-Konzept einreichen, das wenige Minuten vor Einreichschluß per Fax in Brüssel eintrifft – und akzeptiert wird. Retter in der Not wird der LIFE-Vertrag, der die Finanzierung von 20 Projekten mit 26 Millionen Schilling sichert. Zu den vielen interessanten Projekten des Distelvereines zählt z.B. die Ansiedlung schottischer Galloway-Rinder in den Marchauch. Die Ankunft der ersten Tiere in der Grenzstadt Marchegg wird zum Volksfest und zum Triumph der Umweltschützer. Jüngstes Projekt des Vereines ist die Ansiedlung ehemals heimischer Biber an der March.

Der Distelverein hat schwere Zeiten hinter sich – und schwere stehen im ins Haus. Veränderungen rund um den EU-Beitritt haben ständige neue Förderungsrichtlinien gebracht. Das hat vor allem die Projektpartner, die Landwirte verunsichert. Und die haben im Zuge des Strukturwandels weiß Gott Verunsicherung genug erlebt. Die stärkste Waffe des Vereines, die vorher für unmöglich gehaltene Zusammenarbeit von Bauern, Jägern, Fischern und Natuschützern hat dem Verein den Erfolg gebracht, bleibt aber auch seine Archillesferse.

ZITATE

Es gab einmal eine Zeit, da war der Distelverein das personifizierte Versäumnis von eigentlich dafür verantwortlichen Institutionen quer zu denken, egal ob das Kammer, Politik, Raiffeisen oder der Jadgverband war.  Dr. Christian Konrad, Raiffeisen-Generalanwalt

Uns ist auf Grund der PS-Stärke und der Größe der Zugmaschinen dieses vernetzte Denken und dieser Kontex mit der Natur verloren gegangen. Früher ist der Bauer hinter dem Pflug marschiert und hat die Würmer und Mäuse live miterlebt.
Franz Blochberger, Agrar-Landesrat, NÖ

Diese Landschaft, die ich in Zukunft will, ist nicht in der Lage, So billig zu produzieren, wie der Billigste. Aber diese Landwirtschaft ist in der Lage im Umweltbereich Reparaturkosten zu vermeiden, die in der Folge um vieles teurer würden.

Wilhelm Molterer, Landwirtschftsminister

 

Der DISTELVEREIN

Trägerorganisationen:
WWF, NÖ Naturschutzbund, NÖ Landesjagdverband, NÖ Landwirtschaftskammer
Vereinsziel:
Anregungen zum Umstieg und Rat beim Einstieg in die bewusste Kulturlandpflege. Freiwilligkeit und lokale Selbstorganisation ist Voraussetzung.
Projekte:
Ökowertflächen, Biberansiedlung, Galloyway-Rinder, Ramsar-Management
ÖPUL, "LIFE"
Derzeit werden 50 Projektgemeinden mit rund 3.000 Hektar Vertragsflächen
von 2.000 Vertragsbauern betreut.
Adresse:
Distelverein, Franz Mair Straße 47, 2232 Deutsch Wagram,
Tel. 02247 / 51 108, FAX 02247 / 51 108-9, e-mail: distel@cybertron.at
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Obmann: Ing. Rudolf Votzi  Geschäftsführer: Johannes Wolf

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