Watergate a là carte
Es ist noch nicht lange her, da flimmerten
die Bilder von gefolterten Irakern um die Welt. Täter waren
schlecht ausgebildete amerikanische Soldaten; es stand die
Frage im Raum, ob der Befehl dazu nicht von den Vorgesetzten
kam. Der Irakkrieg wurde offiziell für beendet erklärt,
vereinzelt kommen immer noch Meldungen über schreckliche
Attentate. Nun könnte der Krieg indirekt wieder ins
öffentliche Interesse rücken mit einem Skandal.
Die Ergebnisse des Sonderermittlers Patrick
Fitzgerald liegen nun nach zwei Jahren vor. Lewis Libby, der
Stabschef des amerikanischen Vizepräsidenten Dick Cheney, wird
wegen Meineid, Falschaussage und Justizbehinderung angeklagt.
Libby trat sofort zurück.
Präsident Bush hatte behauptet, Saddam
Hussein habe versucht, in Niger waffenfähiges Uran zu
verkaufen. Joseph Wilson, ehemaliger US-Botschafter in Afrika,
war dieser Behauptung entgegengetreten; er ging sogar so weit,
dem Weißen Haus vorzuwerfen, die Fakten so dargestellt zu
haben, um einen Kriegsgrund zu haben. Das Weiße Haus
antwortete angeblich durch Libby, der den Namen von Wilsons
Ehefrau, der CIA-Agentin Valerie Plame, angeblich bewusst
enttarnt habe. Dafür wurde jedoch keine Anklage erhoben. Bei
der Gerichtsverhandlung dürfte es Einblicke in die
Funktionsweise des Weißen Hauses und dessen Versuch,
Kriegsgründe für den Irakkrieg zu finden, geben. Im März 2003
begründete der amerikanische Präsident den Krieg damit, dass
Amerika direkt durch Saddam Husseins
Messenvernichtungswaffen-Programm bedroht sei. Doch diese
Programme wurden nie gefunden. Vizepräsident Cheney war einer
der Architekten dieses Krieges und wird folglich auch bei
diesem Prozess aussagen.
Diese Affäre ist sehr brisant, schließlich
ist es 135 (!) Jahre her, dass ein Spitzenfunktionär des
Weißen Hauses angeklagt wird. Dabei hatte Bush bei Amtsantritt
versprochen, „die Sauberkeit im öffentlichen Leben wieder
herzustellen“! Bei einer Verurteilung drohen Lewis Libby (55)
übrigens bis zu 30 Jahre Haft. Doch das wäre eigentlich noch
das kleinste Problem für Bush. Der Irak-Krieg forderte bisher
das Leben von rund 2000 US-Soldaten und nur noch 39 Prozent
der Amerikaner stehen hinter ihrem Präsidenten. Dabei ist
sowieso alles egal. Bush schuf sich seine eigene Welt. Er
betrieb Vetternwirtschaft. Er engagierte gute Freunde und
Verwandte für seine Umwelt. Ob sie diesen Aufgaben auch
gewachsen waren, war ihm egal. Das beschrieb er auch selbst:
„Was ich damit sagen will: Wenn Sie nicht sagen können, wie
der Außenminister von Mexiko heißt, dann sind Sie, na ja,
Ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Aber in Wirklichkeit sind Sie´s
doch, egal, ob Sie es können oder nicht.“ Noch Fragen? Und so
nebenbei waren ja auch die Wahlvorgänge, die ihn überhaupt zum
Präsidenten gemacht haben, mehr als nur eigenartig. Ja, ja,
die Verwandten...
Doch es wird schon alles, was er tut
richtig sein, schließlich meint er ja, dass Gott persönlich
ihm sagt, was er tun soll. Wozu braucht er dann aber Berater?
Nur dumm, dass dieser Ex-Krieg 6 Milliarden (!) Dollar pro
Monat (!) kostet, die im eigenen Land fehlen. Angefangen von
banalen Renovierungsarbeiten (in Amerika gibt es kein
vergleichbares öffentliches Verkehrsnetz wie etwa in
Österreich!) bis zu fehlenden Soldaten der Nationalgarde, die
bei Hurrikans helfen könnten. Doch man muss dem Präsidenten
schon verzeihen; er ist zwar „der mächtigste Mann der Welt“,
doch auch er hat Probleme: „Das ist eindeutig ein
Haushaltsplan. Es stehen viele Zahlen drin.“ Ein Oberst a.D.,
der Stabschef unter Außenminister Colin Powell war, ging vor
kurzem an die Öffentlichkeit. Es ist überzeugt, dass die
gemachte Politik durch eine Intrige von Vizepräsident Cheney
und Verteidigungsminister Rumsfeld bestimmt wurde. Dies sei
möglich gewesen, weil der Präsident außenpolitisch nicht sehr
versiert und interessiert sei. ZU diesem Thema der
amerikanische Präsident: „Ich hoffe, ich bekomme ein Gefühl
dafür, falls ich das Glück haben sollte, Präsident zu werden,
wie meine Regierung auf den Nahen Osten reagieren wird.“ Oder:
„Wenn die Osttimorianer (!) zum Aufstand schreiten, werde ich
bestimmt eine Stellungnahme dazu parat haben.“
Der Wirtschaftswissenschaftler Bartlett
prophezeit eine weltweite Finanzkrise, weil Amerika und seine
Bürger seit Jahren viel mehr ausgeben, als sie haben.
Aber zurück zu dem Versprechen des
Präsidenten, die Sauberkeit wieder herzustellen. Wenn nach
einer öffentlichen Befragung das amerikanische Volk findet,
dass er das nicht erreicht hat, könnte man ja eine ähnliche
Strafe verhängen, wie die, die der Bürgermeister von Las Vegas
für Graffiti-Sprayer empfiehlt. Der schlug vor, Verschmutzern
von Hauswänden öffentlich vor laufender Fernsehkamera einen
Daumen abzuschneiden.
01. 12. 2005
Maria Schweiger, Dorfzeitung
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