Alle sind
gleich
Am Sonntag, 28. August 2005, ordnete Ray
Nagin, Bürgermeister von New Orleans die Zwangsevakuierung der
500000 Einwohner dieser Stadt an. Der Hurrikan „Katrina“
bedrohte sie; Dämme könnten brechen. Zehntausende flohen nach
Norden, alle Spuren dieser Autobahnen wurden für sie
freigegeben. Doch 100000 Menschen mussten zurückbleiben – sie
hatten keine Möglichkeit zu fliehen. Sie hatten keine
Möglichkeit, weil sie kein Geld hatten.
Doch der Wirbelsturm kam nicht plötzlich.
Vor 40 Jahren setzte „Betsy“ fast die Hälfte von New Orleans
unter Wasser. Der Leiter des Hurrikan – Zentrums in Miami
arbeitet seit 33 Jahren dort und seit dieser Zeit machte er
sich um diese eine Stadt Sorgen. Man war also vorbereitet.
Die arme, meist schwarze Bevölkerung und
kranke Menschen wurden „zur Sicherheit“ kurz vor und während
des Sturms in das Fußballstadion Superdome gebracht. Doch das
Dach hielt nicht Stand und Regen drang ein. Dabei hatten die
Kranken noch Glück! Als Trinkwasser, Nahrung und Strom knapp
wurden, „erbarmten“ sich Ärzte so mancher Patienten und
„erlösten“ sie lieber gleich endgültig von ihrem Leid. Die
anvertrauten Patienten hätten den Ärzten vielleicht zu viel
Trinkwasser weggenommen. Euthanasie pur – aber nur zum
Hausgebrauch. Es gab kein funktionierendes Telefonnetz mehr.
Nachdem zuerst ja sogar der amerikanische Präsident so lange
zu den Opfern des Hurrikans schwieg, konnte es nicht so
schlimm sein.
80 Prozent der Stadt sind nun unter Wasser,
es wird Monate dauern, bis die meisten Menschen wieder
zurückkommen können. Von dieser Glücksnachricht sind
hauptsächlich Weiße betroffen, denn die Viertel, die unter dem
Meeresspiegel lagen, waren billig und von Schwarzen bewohnt.
Sie sind ohne Wohnung, ohne Hoffnung und ihnen hilft kein
Mensch, nicht einmal der eigene Präsident. Schließlich war
letzterer auf Urlaub. Da ist es egal, wenn ein Teil seines
Volkes stirbt, verzweifelt ist und ihn brauchen würde.
Die Amerikaner hätten genug Zeit gehabt,
sich auf solche Situationen vorzubereiten. Doch andere Dinge
wie „Bedrohungen von außen“, also Kriege im Ausland, waren
wichtiger. In Ländern, von denen die meisten Amerikaner nicht
einmal wissen, wo sie überhaupt sind. Nun stehen sie mit dem
Tropensturm „Wilma“ vor einer neuen Evakuierung. Menschen, die
gerade dabei sind, ihr übriggebliebenes Hab und Gut zu suchen
und wieder aufzubauen, müssen wieder flüchten.
Doch das Beste am
Schluss: Seriöse amerikanische Wissenschaftler, die sich mit
der globalen Klimaerwärmung beschäftigen, werden im Interesse
der US – Öl – Lobby angegriffen. Die Einen versuchen die
Menschen vor solchen Katastrophen wie Wirbelstürme und
Überschwemmungen zu bewahren; den Anderen ist das egal,
Hauptsache, sie verdienen gut und dafür ist ihnen jedes Mittel
recht. Auch, dass Menschen dadurch (indirekt) sterben.
Es geht zu, wie bei George Orwells Roman
„Farm der Tiere“. Zuerst gibt es verschiedene Gebote, eines
davon lautet „Alle Tiere sind gleich“. Doch gegen Ende
übernehmen die Schweine (!) die Macht, haben Privilegien
gegenüber den anderen Tieren und es gibt nur mehr ein einziges
Gebot: „Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher.“
22. 10. 2005
Maria Schweiger, Dorfzeitung
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