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Studieren in Österreich ...

Dr. Karl TraintingerDas Wintersemester 2005/ 2006 hat begonnen. Viele kommen ihrem Berufstraum einen Schritt näher und studieren ihr Wahlfach. Einige wurden von der Politik und den Hochschulen ganz einfach verschaukelt. Da wird immer gepredigt: "Der Arbeitsmarkt wird immer enger, machen muß man das, was man wirklich möchte, denn nur da ist man gut!"  Ist diese Phrase mehr als heiße Luft?

In unserer Jugend liegt die Zukunft, heißt es immer so schön. Der Generationenvertrag sichert die Pensionen, und so weiter und so fort. In Wirklichkeit ist es trister denn je, um unsere Jugend schert man sich erst in zweiter Linie, nachdem die eigenen Schäflein im Trockenen sind. Wieso gibt eine so hohe Jugendarbeitslosigkeit? Was wird tatsächlich gemacht, in einer Zeit mit zu wenig Lehrstellen und dadurch auch mit wenig Perspektiven auf einen Arbeitsplatz. Wann konnte man zuletzt den Beruf erlernen, den man wollte und nicht den, wo es zufällig Lehrplätze gab? Gute Schulleistungen sind wichtig, man lernt für das Leben, kommt es dann immer von pragmatisierten Klugschwätzern, die selber in einer geschützten Werkstatt sitzen. Das mit den Schulnoten ist schon richtig, aber sie zählen nicht allein! Auch gute Zeugnisnoten sind längst kein Garant mehr für einen Studienplatz!

Wir Österreicher waren wieder einmal die Besten. Alle, die es wissen wollten, haben es gewußt, ab dem Wintersemester 2005 werden viele deutsche Studierende nach Österreich drängen und unseren Kindern die Studienplätze streitig machen. Österreich, der Musterschüler der EU, hat es ganz einfach verschlafen, gegenzusteuern. Einige Hochschulen haben mit einem patriotischen Anmeldesystem gerade noch rechtzeitig den Österreichern Vorteile verschafft, Gratulation der Medizin in Wien. Die waren wenigsten nicht so feige wie man andere. Die Medizin in Innsbruck gaukelte den angehende Studenten vor, wie man in den Medien lesen konnten, die Entscheidung, wer denn nun studieren darf, im Herbst zu fällen. Die, die gutgläubig daran glaubten, blieben auf der Strecke. Die Medizin Graz veranstaltet ,wie es ausschaut ,eine Einstiegsprüfung am Ende des ersten Semesters. Ein paar tausend Studenten bewerben sich um ein paar hundert Plätze. Die Salzburger Psychologen veranstalten einen Einstiegstest, der laut Uni sehr teuer ist und sich hinterher als unnötig erwiesen hat.

Es ist faszinierend, wie menschenverachtend sowohl die Politik als auch die Hochschulen agieren. Man muß ja zum Studium auch bemerken, daß es zum Beispiel in Wien normal ist, daß die Erstsemestrigen der Medizin nicht alle im Hörsaal zu den Vorlesungen Platz haben. Wahrscheinlich wird es auf anderen Unis in beliebten Fächern nicht anders ausschauen. Das Prüfungssystem stinkt auch zum Himmel. Nach Abschluß des ersten Jahres wird in einem Multiple-Choice-Test der Jahresstoff geprüft. Eine Prüfung im Jahr. So wird dann die Anzahl der Studenten von 1500 auf 500 reduziert. Und so weiter und so fort. Es wäre interessant, wie viele der heutigen Ätzte und Professoren unter den heutigen Studienbedingungen ein Studium zu Ende gebracht hätten. Die Ausbildung der Politiker zum Politiker ist  nirgends definiert. Interessant wären die Qualifikationen, die man zum Bildungsminister braucht, schon.

Eine Vorteil haben die vielen deutschen Studenten: Nach Abschluß des Medizinstudiums an den österreichischen Universitäten werden viele wieder nach Hause gehen und unsere angehenden Mediziner können schneller den Turnus in den Spitälern absolvieren. Der Nachteil für Wien: Es wird speziell bei den Taxifahrern in Zukunft weniger promovierte Ärzte, die auf einen Turnusplatz warten geben. Wenn es so weitergeht, werden wir uns auch an längere Wartezeiten in den Arztpraxen gewöhnen müssen, so 6-8 Stunden und mehr.

Lamprechtshausen, 2. Oktober 2005

Dr. Karl Traintinger, Dorfzeitung


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