Reinhard Lackinger
Verrückt dreht sich die Welt
Früher
war die Welt für den kleinen Mann, für dessen Frau und Kinder
noch einigermaßen verständlich. Man könnte auch sagen:
übersichtlich. Die Augen des Volkes musterten fortwährend
Gesten und Taten der Aristokratie. Manchmal genügte ein Blick
auf die Herrschaft, die den Hof des hohen Adels frequentierte,
um sich zu orientieren.
„Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann“. Im
Schatten meiner Kindheitserinnerungen rührt sich auch noch der
Leinenweber und der Totengräber...
Egal ob
die königliche Hoheit beim Volk beliebt war oder nicht, es gab
niemanden, der die Hierarchie in Frage stellte. Die
Souveränität seiner bzw. ihrer Majestät galt als heilig und
als eine von Gott gewollte Institution. Was mir am oben
zitierten Auszählreim fehlt, sind die Figuren der Gaukler, der
Spielmänner, der Hofnarren...
Wie
viele, oder besser, wie wenige Generationen waren notwendig,
um den schmutzigen Arbeiter der reichen Industrieländer von
seinem Joch, aus den Hütten und Fabrikshallen zu befreien und
aus ihm einen wahren Adeligen zu machen? Sind die Parias,
die Niedrigsten der Menschheit heute nicht anderswo zu suchen?
In Afrika, in Lateinamerika vielleicht. Wie weit hat
„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ die Machtverhältnisse
verschoben?
Viel zu
weit, wie es scheint!
Mittlerweile ruhen die Hinterbacken mancher Gaukler, Hofnarren
und Spielmänner - heute Megastars genannt - auf dem Thron. An
Stelle des Zepters, ein Mikrophon...
Während
heutzutage vielfach Harlequins und andere Hampelleute - mit
Hilfe grauer Eminenzen und geschickt getarnter „Ayatollahs“
das Sagen haben, änderte sich kaum etwas bis nichts an der
Basis der sozialen Pyramide...
Die
altösterreichische Obrigkeitshörigkeit scheint unaustilgbar.
Nichts scheint dem Österreicher mehr Freude zu bereiten, als
einem Mächtigen schmeicheln zu dürfen. Das tut er natürlich
nicht umsonst oder gratis, sondern immer mit profitgierigen
Hintergedanken...
Vor den
Augen meiner Erinnerungen aus der alten steirischen Heimat
erscheinen die kostbaren Edelstahlplastiken von Professor
Alexander Diepold. Ob der Xandl die Büste vom Arnie schon
verkauft und an dem Mann gebracht hat? Ich weiß es nicht. Und
wenn es beim Umtaufen des Liebenauer Stadions in Graz nicht
geklappt hat, und die Büste noch immer nicht vor dem
Arnold-Schwarzenegger-Stadion steht, so sprießt jetzt mit dem
frischgewählten Governeur Kaliforniens eine neue
Möglichkeit... Woran noch keiner gedacht hat: die
Hampelmuskel-Büste vor der Kaserne in Graz-Wetzelsdorf
aufzustellen. Die Bronzeplatte mit Inschrift würde ich
stiften, darauf hinweisen, daß der Arnie - der mir in fast
allen Maßen des menschlichen Körpers übelegen ist - dort ein
paar Monate vor mir dem Österreichischen Staat gedient hat.
Soweit
mein Tribut an den Weltstar und Governeur eines der
wichtigsten Einheiten der Vereinigten Staaten... - momentan
wüßte ich keinen anderen Staat Nordamerikas zu nennen, der
bedeutender und wichtiger wäre als Kalifornien. Die Staaten
rund um Washington und New York und Wall Street vielleicht.
Israel ganz bestimmt! –
Wo ist
die Aristokratie geblieben? Im Kaffeehaus, wie es scheint. Im
noblen Nichtstun, vor dem Arnold Schwarzenegger – laut
Interview im Playboy – geflohen und von Österreich in die USA
ausgewandert ist.
Die
elektronischen Medien, denen sich Clowns wie der Arnie
verdungen haben, winken mit der Möglichkeit, die Menschheit
vor bösen Extraterrestiern zu schützen. Man gaukelt uns eine
Irrealität vor, eine virtuelle Welt... und ehe wir es
begreifen, sind wir breits lobotomisiert und unfähig, alles
Lügenhafte um uns zu erkennen.
Im
Namen Gottes wird gemordet, im Namen der Demokratie wird
gemeuchelt, im Namen der Freiheit wird bombardiert, gemordet,
gemeuchelt; werden Völker beraubt, übervorteilt, vergewaltigt,
ausgerottet...
Wie
sehr sich die Welt auch dreht, die Menschheit findet nicht aus
ihrer Reptilienhaut heraus. „Freiheit, Gleichheit,
Brüderlichkeit“? Für einige wenige... Der Planet wird
weiterhin von Dummheit dominiert. Von Dummheit, Brutalität und
Waffengewalt. Die Machtverhältnisse – egal welcher Bajazzo
gerade „regiert“ – sind die selben und wir helfen mit, daß sie
so bleiben.
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