Theo
Fransz
Du, Du & Ich
ÖSTERREICHISCHE ERSTAUFFÜHURNG //
SCHAUSPIELHAUS SALZBURG- PREMIERE: 9. JUNI 2008
MIT: ULRIKE ARP, CONSTANZE PASSIN, OLAF SALZER
REGIE: RUDY FREY / BÜHNE: VINCENT MESNARITSCH / KOSTÜME: ELKE
GATTINGER
„Wir
wollen niemals auseinander gehen. Wir wollen immer zueinander stehen“ Eine
einfache Melodie, ein einprägsamer Text. Dieses Lied stimmt die Familie am
Esstisch an. Auf dem Tisch Besteck, Geschirr, vereinzelt Spielzeug. Die
dreiköpfige Familie hält sich an den Händen, die Tochter schaut von Mutter
zu Vater und zurück. Die Mehrstimmigkeit des Gesangs bricht ab, der Vater
schweigt, wirft nur selten ein Wort ein, die Stimme der Mutter krächzt,
die Tochter wird lauter und dann ist es still.
Und
dunkel.
Dies ist
die Eingangszene des Stückes „Du, Du & Ich“ von Theo Fransz, das am
9.6.2008 Österreichische Erstaufführung im Schauspielhaus Salzburg
feierte.
Das Stück
hat ein Thema, das viele Kinder und Jugendliche in der heutigen Zeit
betrifft: Die Scheidung der Eltern.
Hier wird
das Geschehen aus den Augen der jugendlichen Frederike erzählt, die nicht
begreifen und akzeptieren will, dass „große Menschen nicht für immer
zusammen bleiben“.
Das Stück
beginnt, nachdem die Eltern der Tochter erklärt haben, dass sie sich
trennen werden, aber noch kein Elternteil ausgezogen ist.
Frederike
kann nicht wirklich verstehen, warum ihre Eltern nicht mehr miteinander
können. Sie spürt die Veränderungen am heimischen Esstisch, glaubt aber
fest daran, dass „wenn etwas kaputt ist, muss es repariert werden“. So
geht Frederike in ihrer Gedankenwelt weit zurück in die Vergangenheit, als
sich ihre Eltern kennen lernten, sich zu tief in die Augen schauten und
sich „Affenpopöchen“ und „Karamellnippelchen“ nannten. Sie hofft dort zu
finden, was ihren Eltern heute fehlt.
Und sucht
vergebens.
Doch
weiter glaubt sie daran, irgendwas tun zu können um ihren Eltern zu
helfen. Sei es nun, ihrem Vater das Rauchen abzugewöhnen oder die beiden
mit Zaubersprüchen wieder zusammenzubringen.
„Und dann
sind wir glücklich bis in alle Ewigkeit oder jedenfalls bis zum nächsten
Jahr oder so.“, träumt die Jugendliche und verschließt sich immer mehr in
ihrer eigenen, für die Eltern unzugänglichen Welt.
Währen
Frederike mit allen Mitteln und aller Phantasie eine Lösung für das
Familien-Dilemma zu suchen, sehen die Eltern in dem Mädchen nur mehr ein
trotziges, schweigendes, apathisches Kind.
Das Stück
spielt am familiären Esstisch, für den Regisseur Rudolf Frey „das schönste
und einfachste Sinnbild für Familie“ und in der Traumwelt der
Jugendlichen. Die einzelnen Szenen sind sehr kurz und innerhalb dieser
wechseln die Situationen sehr schnell. Zwischen den witzig-tragischen
Ausflügen in Frederikes Gedankenwelt (die jedes Mal damit enden, dass die
Eltern keine Lust mehr aufs „Mitspielen“ haben), findet sich die Familie
immer wieder in der tristen Realität am Esstisch wieder, die Tochter
schweigt, die Eltern tauschen bissige Kommentare aus oder löffeln stumm
ihre Suppe.
Die Eltern
werfen ihrer Tochter die ständige Verschwiegenheit vor, unwissend, wie
sehr die Tochter leidet.
Der Text
des Holländers Theo Fransz behandelt das kritische Thema Scheidung mit
viel Wortwitz und Ironie. Und auch die Inszenierung von Rudolf Frey sowie
die Schauspielkünste der drei Schauspieler lädt neben dem Nachdenken auch
gerne mit übertriebenen Gesangseinlagen und witzigen Dialogen zum
Schmunzeln und Lachen ein.
Ulrike Arp
und Olaf Salzer verkörpern das Elternpaar in ihrer jugendlichen, frischen
Liebe genauso überzeugend, wie in der öd gewordenen Ehe.
Olaf
Salzer als hilfloser aber liebender Vater, der seine Frau mit trockenen
Kommentaren zum Schweigen und mich mit dem Publikum zum Lachen bringt.
Und Ulrike
Arp als Mutter, die für Frederike zur Hauptschuldigen wird, „deren Herzen
gefroren ist“ und die sich ihrer Depression letztendlich entreißt um ihrer
Tochter zu zeigen, dass sie immer noch für sie da ist.
Und Hut ab
vor Constanze Passin, die Frederkie spielt. Und mit unvergleichbarem
kindlichen Charme und unheimlichen Witz in ihre Traumwelt einlädt, die
singt und tanzt und schreit und weint und Theater spielt, um den Eltern zu
helfen.
Constanze
Passin hält minutenlange Monologe und ihr Text macht nie den Eindruck
einen gekünstelten Blick auf Jugendliche zu werfen.
Unterstrichen wird das Gespielte vom Bühenbild des Vincent Mesnaritsch,
der eine „Realitätsinsel“ entwirtf, auf der sich die Familie zum
Familienessen trifft und rundherum die Traumwelt der Tochter inszenierte,
in der sie alles findet um nach dem „Verlorenen“ zu suchen. Es scheint
fast, als hätte ein Kind selbst die Requisiten gewählt, die Schaukel, die
Badewanne, den Kreisel, den Baum, den Felsen und die Arztliege, das
Spielzeug und die Fingerpuppen.
Das
einstündige Theaterstück portraitiert drei Personen, eine Familie, eine
Scheidung und letztendlich zeigt es auch einen Lösungsvorschlag.
Die Eltern
sehen ein, dass Frederike sie immer verbinden wird und diese Verbindung
nie verloren gehen wird. Das gibt der Tochter Sicherheit und ein Stück
mehr „Wir werden niemals auseinander gehen.“
Der
Theaterabend war erfrischend und gefühlvoll. Eine wunderschöne
Abwechselung zwischen den blau-gelben Dressen der schwedischen
Fußballfans, dem Fanzonen-Gedrängel am Resistenzplatz und dem gegrölten „Hicke
Hacke Hicke Hacke“ hier in Salzburg.
Nina
Groß, Dorfzeitung
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