Dorfzeitung 145x80
Startseite
Feuilleton
Zeitgeschehen
Lebensräume

Galerie
Musik
 Theater
Literatur

Weballianzen
Dorfplatz
Archiv
Impressum

Theaterfoto von Eva Maria Griese, Schauspielhaus Salzburg

Ron Hutchinson
Mondlicht und Magnolien

Über eine Komödie mehr sagen zu können als: War lustig – das heißt schon etwas. Und über „Mondlicht und Magnolien“ von Ron Hutchinson am Schauspielhaus lässt sich einiges sagen.

Im Studio des Schauspielhauses ist ein Büro der Dreißigerjahre aufgebaut, durchaus konventionell, mit feinem Gespür für Details und Atmosphäre; in diesem Büro werden sich eineinhalb Stunden lang jene fünf Tage ereignen, in denen das Drehbuch für „vom Winde verweht“ seine (beinahe) endgültige Fassung erhält. Produzent David O. Selznick hat – nach Drehbeginn – den Regisseur des Films und das Drehbuch gleich mit gefeuert. Drehbuchautor Ben Hecht, der das Projekt retten soll, kennt nicht einmal den Inhalt des Buches, und so spielen ihm Selznick und der frisch engagierte Regisseur Victor Fleming die Schlüsselszenen des Romans vor.

Geräuschlos, zügig besetzen die Schauspieler das Büro, Licht, Aktion: so wird das ganze Stück sein.

Da ist Elke Hartmann, die als Miss Poppenghul ihr „Ja, Mr. Selznick“ mit so unglaublich variablen Untertexten vorbringt, dass man förmlich jedes Mal einen anderen Wortlaut zu vernehmen meint. Die – oft nur im Hintergrund sichtbar – die Vorgänge im Büro in Haltungen und genau gesetzten Aktionen spiegelt und kommentiert. Immer wieder ein Grund, von der Haupthandlung ab- und zu ihr hinzusehen.

Volker Wahl ist als Victor Fleming wunderbar fieser, gezielt provokanter Antipode zum politisch bewussten, an der gesellschaftlichen Realität von Rassismus und Zensur wütend leidenden Drehbuchautor Ben Hecht des Christoph Kail, der mit unglaublicher Präzision und Präsenz durch ein Strudelbad an Gefühlen jagt. Die beiden arbeiten notgedrungen zusammen, ständig auf der Hut voreinander und ständig auf der Suche nach einer Möglichkeit, dem anderen aus dem Hinterhalt verbal ins Kreuz zu treten. Dass das vergnüglich für die Zuschauer ist, hängt mit der Leichtigkeit zusammen, mit der die beiden Schauspieler ihre Wortgefechte führen, mit der Ausgeglichenheit der Kräfte und dem enormen Tempo, mit dem immer wieder das Erwartete nicht passiert – sondern etwas ganz anderes.

Nicht ganz so farbig wie Kail und Wahl, jedoch mit enormem Einsatz und vom Aussehen her verblüffend nah am Vorbild spielt Oliver Hildebrandt einen Produzenten Selznick, der noch überzeugender wäre, merkte man auch ihm trotz der eingeworfenen Aufputschmittel zwischenzeitlich die Schlaflosigkeit, die zunehmende Erschöpfung an.

Was diese Komödie, die seit der deutschsprachigen Erstaufführung im Februar 2007 am Renaissancetheater Berlin in zahlreichen Inszenierungen Furore macht, auszeichnet, ist die Tatsache, dass sie ihre Komik nicht aus dem gewohnten Verwechslungsrepertoir bezieht, sondern diese aus der Konstellation ihrer in einer absurden Situation aufeinander angewiesenen und in einem konkreten gesellschaftlichen Bezugsfeld verankerten Protagonisten entwickelt.

Diese Qualitäten kommen in der flotten, einfallsreichen Inszenierung von Christoph Batscheider, der übrigens auch für die Ausstattung verantwortlich zeichnet, stark zum Tragen. Nur selten schrammt sie hart am Klamauk vorbei, dafür entschädigt sie – ohne sentimental zu werden – mit berührenden Momenten, etwa wenn Hecht und Fleming ihre Feindseligkeiten hintanstellen, um Selznick nicht im Stich zu lassen. Sich am Ende gar versteckte Zeichen der Versöhnung geben. Oder wenn Selznick, von Hecht darauf gestoßen, nicht länger verdrängen kann, dass er, der sich selbst als Amerikaner begreift, in der Wahrnehmung seiner Umwelt primär Jude ist.

Und immer wieder gibt es schöne Details, die sozusagen am Rande die Geschichte miterzählen, wie den fortgesetzten Kleinkrieg Hechts und Flemings um den Platz für die Kopfbedeckung, oder Miss Poppenghuls sich mehr und mehr auflösende Erscheinung.

Großartig das Schlussbild, in dem der Saal nur noch vom rot leuchtenden Hollywood-Schriftzug erhellt wird, die Zuschauer zur Leinwand und die Schauspieler zu Kinobesuchern werden. Gone With the Wind. Man hätte gerne noch länger den Schauspielern beim Filmschauen zugeschaut.


Christina Klaffinger, Dorfzeitung

 

Das Urheberrecht für alle Texte, Bilder und Fotos liegt bei den AutorInnen.
Die Verwendung des, auf dieser Seite veröffentlichte Bild- und Textmaterials,
ist ohne ausdrückliche Genehmigung durch die AutorInnen untersagt.

Schauspielhaus Salzburg
Ron Hutchinson
Mondlicht
und Magnolien


zurück zum Archiv
zurück zur Startseite
zurück zur aktuellen Kritik




 

 





Theaterfoto von Eva Maria Griese, Schauspielhaus Salzburg

Theaterfoto von Eva Maria Griese, Schauspielhaus Salzburg

Theaterfoto von Eva Maria Griese, Schauspielhaus Salzburg

Theaterfoto von Eva Maria Griese, Schauspielhaus Salzburg

Theaterfoto von Eva Maria Griese, Schauspielhaus Salzburg

Fotos: Eva Maria Griese, Schauspielhaus Salzburg.

 

Über den Beitrag diskutieren