Anja
Hilling
Monsun
„Alles ist Scheiße“, zieht sich wie ein roter Faden durch Anja
Hillings Stück „Monsun“.
Die österreichische Erstaufführung besticht durch eine rasche
Abfolge kompakter Szenen auf minimalistischer Bühne: ein Laufsteg, auf,
hinter, unter dem die Akteure die Zuschauer mit diszipliniertem Spiel in
Atem halten. Paula und Bruno sind miteinander verheiratet. Coco und
Melanie leben als lesbisches Paar zusammen, dann ist da noch Sybille, die
nicht mehr ganz neue Geliebte von Bruno.
Berufsalltag, Sprachlosigkeit und Verständigungsprobleme machen ihr
Leben sperrig, geben ihnen allen ein andauerndes Gefühl von nicht
Gelingen. Zipo, der kleine Sohn von Bruno und Sybille, bringt durch seinen
plötzlichen Tod diese fünf Menschen zueinander in Beziehung. Zipo, der
selbst nie auf der Bühne auftritt, bleibt das Zentrum, um das sich diese
Milieustudie dreht.
Was allen fehlt, ist eine Basis, wie man miteinander kommuniziert,
ohne aus blanker Wut und Enttäuschung Fäkalsprache zu benützen oder sich
gegenseitig totzuschweigen. Ab wann und warum lernt das Geschöpf Mensch
seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht direkt zu vermitteln? Um zu
bekommen was gebraucht/ gewünscht wird, werden verdeckte Strategien
eingesetzt. Zipo, eben erst acht Jahre alt, kann es bereits, seine Mutter
kann es, sein Vater kann es – alle können es, lernen es, von Kindesbeinen
an, bis, ... ja, bis dann eines Tages jede Verständigung in einem Sumpf
von Missverständnissen verkommt.
Der Zuschauer ist dieser durchgehend negativ gefärbten Stimmung
hoffnungslos ausgeliefert. Die Verstrickungen verdichten sich, ein
Dazulernen im mit einander Umgehen zeichnet sich nicht ab.
Coco, die, um Abstand zu gewinnen, nach Vietnam aufgebrochen ist,
schreibt und filmt ihren Tagesablauf im Land des Monsunregens. Allein auf
sich gestellt, berichtet sie ironisch-witzig von ihrer Lage außerhalb
jeglicher Zivilisation. Diese kurzen Szenen aus einer anderen Welt
unterbrechen die abgehackten, verletzenden Dialoge zwischen Bruno und
Sybille, zwischen Bruno und Paula, zwischen Melanie und Paula.
Anja Hilling, 1975 geboren, studierte an der Universität der Künste
Berlin „Szenisches Schreiben“. Mit „Monsun“ zeichnet sie ein in vieler
Hinsicht erschreckend realistisches und schier ausweglos erscheinendes
sozialkritisches Bild unserer Gesellschaft.
Anja Hilling geht dabei über den bloßen Zustandsbericht hinaus, sie
ist nicht Anklägerin sondern zutiefst Mitfühlende, darin liegt die Stärke
des Stückes.
Ulrike Guggenberger,
Dorfzeitung
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