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Woody Allen
Riverside Drive

Auf erhöhter Rampe, in nebeligem Gelände, an der Schwelle zwischen Fluss und festem Land ein überdimensionaler stillgelegter Lüftungsschacht. Fred teilt sich diesen Sandler-Unterschlupf mit einer manierlichen Ratte. Possierlich vertreibt ihm das Tierchen die Zeit des Sinnierens und Wartens. Jim tritt auf, auch er wartet, geht nervös auf und ab. Listig nähert sich ihm Fred. Jim, der erfolgreiche Autor, dessen Werke verfilmt werden ist Fred kein Unbekannter, der will sich allerdings nicht an ihn erinnern.  

„Der enthauptete Reiter ist dazu verdammt, durch die Lande zu reiten, seinen Kopf unter dem Arm“, mit dieser düsteren, symbolisch gefärbten Einleitung von Fred ist der Kampf zwischen Kopf und Bauch, zwischen Gefühl und Intellekt eröffnet.

Wer ist Jim, wer ist Fred, zwei einzelne Personen oder zwei Personen in einer?

Diese Frage muss sich jeder selbst beantworten, der die österreichische Erstaufführung von Woody Allens Stück „Riverside Drive“ im Schauspielhaus Salzburg besucht. Noch bevor Woody Allen als Fernsehkomiker und Filmemacher weltweit Berühmtheit erlangte, arbeitete der 1935 in New York Geborene als Schreiber grotesker Wortspiele.

Auf dem Hintergrund der Kaianlage des Hudson River zwingt Fred Jim, in die Abgründe seines Innersten zu steigen. Fred flüstert und verführt, tobt und droht mit seinen Krücken.

Seine Übergriffe schwächen das mühsam aufrecht erhaltene seelische Gleichgewicht seines Gegenübers. Jim quält sich mit seinem vertrackten, wie es scheint, unlösbaren Beziehungsdilemma. An diesem trüben lichtlosen Spätnachmittag am Hudson River ringen Phantasie und Freiheit, Vernunft und Ratio in eines Mannes Brust. Bis zuletzt ist Jim überzeugt, im eigenen Seelenhaushalt die Zügel in der Hand zu halten, die bürgerliche Ordnung in seinem gestörten Ehe- und Liebesleben wieder herstellen zu können. Jim hingegen handelt, bringt die Sache in einem einzigen vom Publikum unbeobachteten Augenblick zu Ende.

Das straffe Spiel von Alexander Kratzer, Hans Danner sowie Judith Brandstätter, als Jims grelle Geliebte, ergänzt sich mit der kompakten, treffsicheren Sprache von Woody Allen, mit seinen sowohl komisch-witzigen wie erschreckend-realistischen Dialogen. „Sie sind nur Neurotiker, ich bin Psychopath, Sie können noch von mir lernen“,  sagt Fred einmal zu Jim. In diesem Schwellenbereich von neurotischen Persönlichkeitszügen und krankhaften Wahnzuständen bewegen sich Fred und Jim auf die überraschend einfache Lösung des Konflikts, wie beseitigt man eine gefährliche Person, zu.


Ulrike Guggenberger,

Premiere im Schauspielhaus am Samstag, 17. März 2007 Österreichische Erstaufführung in Koproduktion mit neuebuehnevillach.

Uraufführung 2003 in einer ehemaligen Kirche im New Yorker Stadtteil Chelsea unter der Regie von Woody Allen.


 

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Fotos: Schauspielhaus

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