Das Maschinentagebuch
Raserei und Wahnsinn, Feuer und Wasser, dröhnender Lärm, sexbetonte
Frauen und gewalttätige Männer, bietet die Inszenierung von Steffen Höld
auf, um das „Maschinentagebuch“ von Matsuo Suzuki im Schauspielhaus als
Erstaufführung in deutscher Sprache zu bringen.
Eine
Erklärung zu diesem Stück, nachzulesen im Programmheft: „Der
unterschwellige Sadismus in der japanischen Gesellschaft stellt ein
zentrales Thema in Matsuos Schaffen dar“. Matsuo 1962 in Kiushu /Japan
geboren, will aufzeigen, „dass der Zwang zur Angepasstheit ... keine guten
Menschen, nur seelische Krüppel produziert “.
Mit diesem Typus Mensch ist der
Besucher konfrontiert, sie sind allesamt verbogen, Opfer ihrer psychischen
Verhaltensstörungen. Akitoshi, der despotische Fabrikbesitzer, Michio sein
gequälter Bruder, Sachiko, seine hoch neurotische Frau und die von
Maschinen und Technik besessene Keiko. Diese zwei Männer und zwei Frauen,
sie balgen und streiten sich unentwegt, sie buhlen um Aufmerksamkeit, um
Sex und um Macht.
Abgehackte Sätze, Schreie,
hysterische Anfälle, zwanghafter Sex. Die Sinne des Zuschauers werden
überstrapaziert, es bleibt ihm zwischen Situations-Komik und gefrierendem
Lachen keine andere Wahl, als das Szenarium als Groteske oder Persiflage
aufzufassen. Auf dem Hintergrund eines fotorealistischen Bühnenbildes und
postpoppiger Kostüme gefriert der Regisseur manche Szenen zu Bildern, die
aus der postmodernen amerikanischen Malerei übernommen sein könnten. Die
Dramaturgie bedient sich einer zeichenhafte Symbolsprache, die das Mehr
einbringt, das über die bloße Typisierung der Personen und den banalen,
zugleich latent aggressiven Text hinausweist. Der Boden der Bühne, ein
schwankender Grund, auf dem das Wasser immer höher schwappt, ein
Wohn-Container als unsichere, ungeschützte Behausung, Vorschlaghammer und
Axt, eine Wasserpistole aus Plastik, ein Kinderplanschbecken, das
bedrohliche Fließband in der Maschinehalle, in diesen Requisiten liegt
Aussagekraft für denjenigen, der sehen will.
Der Abend endet in einem
albtraumartigen Untergangsszenario, ein Kastrat und ein Hinkebein, eine
Brandlegerin und eine wieder auferstandene Ehefrau zeichnen sich als
Figuren vor einem sich vom Feuer rot färbenden Himmel ab. Assoziationen
zur längst vergangenen Brandkatastrophe im antiken Rom, schleichen sich
ein. Zögerlicher Applaus, es lohnt sich das Textbuch vorher zu studieren.
Wieder einmal beweist das Schauspielhaus sich in einer überbordenden
Inszenierung.
11.
4. 2006
Ulrike Guggenberger, Dorfzeitung
Pressinfo:
SCHAUSPIELHAUS SALZBURG
DAS MASCHINENTAGEBUCH
MATSUO SUZUKI
Japanische Freak-Show
DEUTSCHSPRACHIGE
ERSTAUFFÜHRUNG
AUSTAUSCHPROJEKT MIT DEM THEATER PHÖNIX LINZ
Regie: Steffen
Höld
Bühne: Reinhard Taurer
Kostüme: Kerstin Zornig
Lichtgestaltung: Stefan Pfeistlinger
Soundtrack: Wolfgang Fadi Dorninger
Mit: Maxi Blaha, Lisa
Fuchs, Matthias Hack, Theo Helm
Vorstellungen:
11., 12., 13., 15., 16. und 17. April 2006, Saal
Werfen Sie einen Blick in
eine fremdartige, groteske und bizarre Welt: ein normaler Tag,
Arbeitermilieu, „Familienidylle“. Michio liegt angekettet in seiner Hütte.
Er verbringt seine Zeit damit, Cornflakes in sich hineinzuschaufeln, Cola
zu trinken und kaputte Elektrogeräte zu reparieren. Sein Bruder Akitoshi
ist mit Sachiko verheiratet. Er hat sie aus Schuldgefühlen zur Frau
genommen, nachdem sein Bruder ihr Gewalt angetan hat. Inzwischen überlegt
Sachiko allerdings, ob sie mit ihrem Vergewaltiger Michio nicht viel
glücklicher wäre. Akitoshi ist Chef einer dubiosen Fabrik, von der niemand
genau weiß, was sie eigentlich herstellt. Da taucht eine neue Arbeiterin,
Keiko, auf und sorgt für Chaos im „Familienidyll“. Keiko bringt es als
Kampf- und Sexmaschine zu überraschenden Leistungen und beginnt eine
leidenschaftliche Affäre mit Michio. Es wird nicht gerade zimperlich
miteinander umgegangen. Auch nicht, als es zum Brudermord kommt und der
Tote letztendlich wieder zum Leben erwacht.
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