Warten auf Godot
Wie gestern und vorgestern
sind Wladimir und Estragon gegen Ende des Tages zusammengekommen, um auf
Godot zu warten. Wissen sie denn, auf wen und warum sie warten? Unter
unsichtbaren Zwang stehend, gefangen in dieser widersinnigen Situation,
treten auf der Stelle: „Was sollen wir machen?“ - „Wir warten auf Godot“.
Solche und
ähnliche Sätze wiederholen sich bei ihnen jeden Tag aufs Neue.
„Warten auf
Godot“ - ein Klassiker der Gattung „Absurdes Theater“. Im Niemandsland,
zwischen offenem Anfang und offenem Ende angesiedelt, agiert das Stück
aus der magischen Anziehungskraft von akkurat gesprochenem Wort und
bestechend überzeugender Gestik. Hochaktuell, weil die existentiellen
Fragen an das Leben immer die gleichen bleiben, erscheint das Stück auch
heute, 50 Jahre nach der Uraufführung, nicht nur modern, sondern geradezu
beklemmend gegenwärtig.
„Wir haben
dummes Zeug geschwätzt - das machen wir schon eine Leben lang“, versichern
sich Wladimir und Estragon.
Überraschend
tauchen mit einbrechendem Abend Pozzo und Lucky, zwei von einander
abhängige Personen auf: Machtmensch und Untermensch. Man ist voneinander
fasziniert, befinden sich doch alle vier in einer höchst absurden Lage.
Pozzo und Lucky, auch sie müssen wie Wladimir und Estragon auf der Stelle
treten, auch sie Gefangene ihrer selbst.
Ein Ausbruch
erscheint auf beiden Seiten unmöglich.
Konzentriert
und unwiderstehlich das Spiel der Akteure, abstrakt und absolut
minimalistisch Bühnenbild und Kostüme in Schwarz. Ein beherrschender aus
dicken Stricken gedrehter in den Himmel ragender Baum inmitten der Bühne,
Symbol für ein immer wieder herbeiphantasiertes Ende.
Samuel
Becketts „Warten auf Godot“, niemand kommt daran vorbei. Das Publikum hat
verstanden, der anhaltende, begeisterte Applaus beweist es.
„Wir reden
immer etwas, um uns durchzubringen, um uns zu bestätigen, dass wir leben“.
11.
12. 2005
Ulrike Guggenberger, Dorfzeitung
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