„Die Geschichte dieses Romans kommt darauf hinaus, daß die Geschichte, die
in ihm erzählt werden sollte, nicht erzählt wird“, sagte Robert Musil 1932
über seinen Roman.
Das Gleiche gilt auch für die Bühnenfassung von Jürgen Kaizik.
Ulrich, der „Mann ohne Eigenschaften, seine Schwester Agathe und
seine Geliebte Bonadea, sein Jugendfreund Walter und dessen Frau Clarisse,
General Stumm von Bordwehr und Graf Leinsdorf, und der Frauenmörder
Moosbrugger – alles Protagonisten eines sich im Niedergang befindlichen
Gesellschaftssystems. Sie bewegen sich innerhalb der (noch) gültigen
gesellschaftlichen Spielregeln einer maroden, dekadenten Gesellschaft, die
dem Untergang geweiht ist. Ein Wechselspiel von indifferenter Anpassung
und bedenkenlosem Übertreten aller Regeln. Das alles begleitet von langen
Passagen des Philosophierens über gesellschaftliche Werte, den Wandel der
Zeiten, den Wert des Individuums in der Gesellschaft und den Sinn des
Lebens.
Der Zuschauer wird von einer Conférencière durch das Stück
geleitet, die zwar die Abfolge der langatmigen philosophischen
Abhandlungen auflockert, aber das träge Dahinfliesen der Handlung nicht
nachhaltig beleben kann.
Einige witzige Elemente, wie die Animositäten zwischen Österreich
und Deutschland, beleben das Ganze zwar etwas, sind aber nur kleine
Lichtblitze in dem losen Gemenge von Szenenabfolgen. In der Inszenierung
von Thierry Bruehl werden die Charakteristika der maroden,
österreichischen Gesellschaft um 1913 zwar skizziert, bleiben aber in
farblosen Andeutungen stecken.
Trotz der hervorragenden schauspielerischen Leistung des Ensembles
der Elisabethbühne und eines reizvollen Bühnenbildes, hinterläßt die
Aufführung beim Zuschauer einen etwas faden Nachgeschmack. Und man ist
sich am Ende etwas unschlüssig, was man denn nun in dieser Inszenierung
eigentlich gesehen hat.
31.10.2003
Michaela Essler Dorfzeitung
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