Dorfzeitung 145x80
Startseite
Feuilleton
Zeitgeschehen
Lebensräume

Galerie
Musik
 Theater
Literatur

Weballianzen
Dorfplatz
Archiv
Impressum

Beziehungen zwischen Frauen: eine komplizierte Sache. Nur wenig wird ausgesprochen, vieles geschieht unterschwellig, wie Unterströmungen im Meer. Von außen kaum sichtbar, und doch bilden sich Strudel, die Schwimmer ertrinken lassen können.

Petra von Kant, erfolgreiche Modedesignerin mittleren Alters, frisch geschieden, lebt mit ihrer Bediensteten Marlene in einem Luxus-Appartement. Einsam und unglücklich, gefangen in sich selbst und ihren Beziehungen.

Als ihre Cousine Sidonie sie besucht, bringt diese Karin mit: jung, schön, etwas naiv. Petra verliebt sich sofort in Karin. Bietet ihr eine Karriere als  Model an. Karin, die getrennt von ihrem Ehemann lebt, glaubt sich im Himmel: eine erfolgreiche Frau, die ihr den Weg in die Welt der Reichen und Schönen ebnen will. Karin läßt sich von Petra verführen – die beiden werden ein Liebespaar. Nach einiger Zeit geht Karin aber wieder ihre eigenen Wege: verbringt ihre Nächte in anderen Betten – mit Männern, bricht ihre Ausbildung zum Mannequin ab, lebt nur noch in den Tag hinein. Alles bezahlt von Petra, die Karin verfallen ist. Als Karin zu ihrem Mann zurückkehrt, bricht Petra zusammen.

Nichts ist mehr von Bedeutung, ihr Leben besteht nur noch aus dem Warten auf einen Anruf von Karin. Doch Karin ruft nicht an. An Petras Geburtstag erhält sie Besuch von ihrer Tochter. Auch ihre dominante Mutter und Sidonie kommen oder besser brechen über sie herein. Es wird wie immer die liebe Familie gemimt. Durch ihren Schmerz aufgerüttelt, erkennt Petra jedoch, daß keine der drei Frauen, die bisher ihre Familie waren, ihr wirklich nahe stehen. Sie befreit sich von den Fesseln altgewachsener Beziehungen, wirft ihre Mutter, ihre Tochter und Sidonie aus der Wohnung.

All dies beobachtet Marlene, Petras Bedienstete, schweigend. Kein Wort kommt über ihre Lippen. Marlene spricht nur mit ihren Blicken, mit ihrer Anwesenheit, mit der Art wie sie durch den Raum schreitet. Es ist, als ob sie der Verstand von Petra wäre, der schweigend durch den Strudel der Emotionen wandelt. Hört alles, sieht alles, und schweigt dazu. So wie der Verstand eben nur schweigen kann, wenn die Gefühle alles überschwemmen.

Die Beziehungen dieser sechs Frauen zueinander sind nicht nur in den Handlungen und den Worten zu sehen. Sie zeigen sich auch im Spiel mit den Schuhen. In seiner Inszenierung macht Bernhard Mikeska damit symbolhaft die Nähe aber auch die Distanz sichtbar, die Petra für die anderen Frauen empfindet: An- und Ausziehen der Schuhe, der Wechsel von Turnschuhen zu schwarzen Lackschuhen, geschlossene Schuhe, offene Schuhe, all dies begleitet den Wandel der Beziehungen. Ebenso wie der Wechsel von Kleidung und Haarfarben.

Einzig Petra wechselt weder Kleidung, noch Haarfarbe, noch trägt sie Schuhe. Erst am Ende, als sie sich innerlich von Karin gelöst und die verkrusteten Beziehungen zu ihrer Mutter, ihrer Tochter und Sidonie beendet hat, da nimmt sie ihre weiße Perücke ab und entledigt sich ihres Designer-Kleides. Am Ende trägt sie nur noch ein einfaches, schwarzes Kleid – so wie Marlene. Sie kehrt zu sich selbst zurück – sieht ihrem Verstand in die Augen – ist nur noch sie selbst.

Das E-Bühnen-Ensemble führt das Publikum mit dieser Aufführung meisterhaft in die Welt weiblicher Befindlichkeiten.

Eine sehenswerte Inszenierung, die nicht nur zeigt, wie schwierig manchmal Beziehungen zwischen Frauen sind: Mutter- und Tochterbeziehungen, Freundschaften. Sie zeigt auch den Schmerz und die Qual, die oftmals Liebesbeziehungen  - welcher Art auch immer – anhaftet.

 

25.09.2003
 

Michaela Essler  Dorfzeitung


Das Urheberrecht für alle Texte, Bilder und Fotos liegt bei den AutorInnen.
Die Verwendung des, auf dieser Seite veröffentlichte Bild- und Textmaterials,
ist ohne ausdrückliche Genehmigung durch die AutorInnen untersagt.

Schauspielhaus Salzburg
Elisabethbühne
Rainer Werner Fassbinder

"Die bitteren Tränen der Petra von Kant"





 

 

 

 

zurück zur Archiv Übersicht
zurück zur aktuellen Dorfzeitung





Über den Beitrag diskutieren

Fotos: Joachim Bergauer, ebuehne