Werner Herzog in Salzburg

Foto: Manfred Siebinger

Der berühmte Filmemacher WERNER HERZOG war gestern Montag, den 1. 3. 2004 für ein Kurzseminar auf der Universität Mozarteum. Dabei stellte er auch seinen Dokumentationsfilm 'Little Dieter needs to fly' aus 1997 vor und diskutierte mit den StudentInnen.

Werner Herzog am 5.September 1942, geboren als Werner H. Stipetic,  in den bayerischen Bergen: er wuchs ohne Film, Fernsehen und Telefon auf. Das erste Telefonat führte er mit 11, seine erste Reise unternahm er mit 14, er trampte nach Jugoslawien und Griechenland. Nach seinem Abitur studierte Herzog ab 1961 in München Geschichte, Literatur- und  Theaterwissenschaften, doch er beendete das Studium nie. Nebenbei arbeitete Herzog in einer Stahlfabrik um dann 1962 im zarten Alter von 19 seinen ersten Film HAERAKLES zu produzieren.

Besondere Berühmtheit + Aufsehen erlangte Werner Herzog mit seinen Streifen Aguirre mit Klaus Kinski. Vor allem seine Zusammenarbeit mit dem als unausstehlich geltenden deutschen Star Klaus Kinski machten den Regisseur weltberühmt:  - die Geisel Gottes, Nosferatu und Fitzcarraldo. Die tiefe Freundschaft zu Kinski begann schon im Jugendalter, als die Familie nach München zog: sie teilte sich mit Kinski ein Haus.

Derzeit dreht Herzog in England und Venezuela an einer Dokumentation und auch an anderen Projekten. »Wir, die neue Generation von Filmregisseuren, sind eine vaterlose Generation. Wir sind Waisen. Wir haben nur Großväter, also Murnau, Lang, Pabst, die Generation der zwanziger Jahre«, so Werner Herzog 1982 in seiner Laudatio auf Lotte Eisner, die mit ihren Büchern über »Die dämonische Leinwand« und über Lang und Murnau für Herzog »eine Brücke in einen geschichtlichen, einen kulturgeschichtlichen Zusammenhang geschlagen« hat, der durch den Nationalsozialismus zerstört wurde und den der deutsche Nachkriegsfilm nicht mehr aufsuchte. Das expressionistische Kino und die Tradition der zwanziger Jahre sind für Herzog als Bezugspunkte so bedeutsam wie für keinen anderen Regisseur des Neuen Deutschen Films.

Mit Nosferatu - Phantom der Nacht (1979) variierte er - als erstes Remake des Neuen Deutschen Films überhaupt - F. W. Murnaus Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens (1922); mit seinem bis dato letzten Spielfilm Schrei aus Stein (1991) schloß er bewußt an das von Arnold Fanck geschaffene deutsche Genre des Bergfilms an. Wie der Expressionismus ist Herzog den Momenten des Irrationalen, des Visionären, des Mythisch-Mystischen verbunden, wie Fanck hängt er einem ästhetisch-existentiellen Werkkonzept an, das keine Differenz von Filmkunst und Lebenspraxis zulässt und bereit ist, um der Produktion von »ungesehenen Bildern oder Traumvisionen« (Herzog) willen das eigene Leben und das anderer immer wieder aufs Spiel zu setzen. Mit Fitzcarraldo (1982), einer im südamerikanischen Dschungel entstandenen Großproduktion, ging Herzog für einige Schauspieler und vor allem für etliche Kritiker zu weit. Die Dreharbeiten des Films über einen kunstbesessenen Abenteurer, der sich Mensch und Natur Untertan machen will, nahmen offenbar Züge eines rücksichtslosen Neokolonialismus an. Dies und der Film selbst zogen die Kritik auf sich, Herzog sei einer »faschistoiden Ästhetik« (M. Schneider) verpflichtet, gerade jener Tradition des deutschen Films, die Siegfried Kracauer in seinem gleichnamigen Buch auf die Formel »Von Caligari zu Hitler« brachte.

Werner Herzog ist umstritten wie kein anderer Regisseur des Neuen Deutschen Films. Sein Ruhm entstand nicht in Deutschland, sondern vor allem in Frankreich und in den USA, wo er als der neue »deutsche« Regisseur schlechthin gefeiert wurde, als Visionär der dämonischen Seite der deutschen Seele oder als der »authentischste Erbe der romantischen Tradition in der Gegenwart« (B. Peucker), dessen ästhetischer »Supernaturalismus« (T. Corrigan) die irrationalen, die extremen Dimensionen der Conditio humana beleuchte.

Manfred Siebinger, Dorfzeitung
 

 

 

'' Über den Beitrag diskutieren