Foto: Karl Traintinger
Zu Gertrude
Engljähringers Baum
Der Baum verkörpert als Symbol in seiner rhythmisch wiederkehrenden
Lebenskraft den ständigen Sieg über den Tod. Im Vorgarten des Hauses
von Gertrude Engljähringer und Roland Kraml in St. Pantaleon steht ein
Baum.
Im Herbst hat die Künstlerin Gertrude Engljähringer ihn mit eigenartig
manipulierten Puppen behängt. Es fehlen Gliedmaßen, der Kopf ist ab, die
Füße sind verrenkt, einige Puppen hängen kopfüber im Baum. Die noch grünen
Blätter verbergen die verstümmelten Geschöpfe von unterschiedlicher Art
und Größe.
Es wird
Winter, das Laub fällt vom Baum. Nun werden die am Baum befestigten Puppen
in den kahlen Ästen sichtbar. Von der Ferne schauen die bunten
Gegenstände in der Baumkrone noch nicht bedrohlich aus. Beim
Näherkommen macht sich aber Erschrecken, Entsetzen und Verwirrung breit.
Die vorbeikommenden Menschen stellen sich Fragen über den Sinn dieser
makaberen Dekoration.
Dazu einige Deutungsversuche über das „Warum?“.
Das Thema, das sich wie ein roter Faden durch die künstlerische Arbeit von
Gertrude Engjähringer zieht sind die Verletzungen, die der Mensch dem
Menschen bewusst oder unbewusst zufügt. Darüber will sie schonungslos
Auskunft geben. Stellvertretend dafür hängen nun die leblosen
Puppengeschöpfe im Geäst des Baumes.
Beim näher
kommen wird der skandalöse Anblick immer deutlicher. Auch das ist ein
symbolisches Zeichen für menschliches Verhalten. Manches Böse wird im
Verborgenen nicht bemerkt, wird erst bei näherem Hinschauen offenkundig.
Eigentlich tut Gertrude Engljähringer nichts anderes als wir von Bildern
und Berichten in den Massenmedien tagtäglich gewöhnt sind: gnadenloser
Umgang des Menschen mit dem Menschen.
Auch
Gertrude Engljähringer beschönigt nichts. Die direkte Konfrontation mit
dem Elend der Welt in unserem persönlichen Umfeld zum Beispiel am
Nachhauseweg
ist aber bedrohlich. Wir können wegschauen, eine gewisse Beunruhigung oder
auch Ärger wird wahrscheinlich zurückbleiben.
Diese
Installation im halböffentlichen Raum ihres Gartens scheint unversöhnlich
zu sein. Das können wir ertragen oder auch nicht. Wir können uns
Umwege oder Auswege suchen, oder uns darauf besinnen, dass diese
öffentliche Klage nur ein Teil der Wahrheit über den Menschen ausmacht.
Auch darüber gibt Gertrude Engljähringer in ihren Arbeiten
Bescheid, sie sucht das Schöne im Hässlichen zu finden und
gleichberechtigt nebeneinander stehen zu lassen. Hier bieten sich
Parallelen zu dem eingangs erwähnten Gedanken an.
Ulrike
Guggenberger
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