Folgsam eilen wir auf den für uns gelegten Pfaden der Supermärkte.
Das Ziel: Die elektronischen Kassen.
Je direkter, je komfortabler zu
erreichen, desto besser für den Umsatz. Die Freundlichkeit des
Supermarktes:
Komm, steck' es ein, zahl' und geh!
Kürzlich fotografierte ich an einem Ort, wo jeden Tag Weihnachten zu sein
scheint. Der Überfluß ist sorgsam geordnet und strategisch plaziert. Von
oben betrachtet bewegen sich die Menschen wie von Geisterhand geführt in
Richtung exakt vorgegebener Ziele. Gelegentlich schwemmt der "Mainstream"
ein paar müde Exemplare auf speziell dafür vorgesehene Erholungsinseln.
Kraft tanken für die nächste "Das-will-ich-haben-Attacke".
Entscheiden
wir tatsächlich noch selbst, nachdem wir einen dieser Konsumtempel
betreten haben? Oder sind wir schon Gefangene eines subtilen Netzwerkes
visueller Reize, sanfter, den kritischen Abstand einschläfernder Musik und
posthypnotischer Botschaften der Markenindustrie aus den Massenmedien?
Erst nach dieser Fotoserie ist mir die Nähe meiner Bilder zu Eugene
Ionescos Schauspiel: "Die Nashörner" bewußt geworden.
Eugene Ionesco: Schau´n Sie
sich die Leute an, die geschäftig auf den Straßen herumlaufen. Sie sehen
weder nach rechts noch nach links. Sie machen ein beschäftigtes Gesicht.
Wie bei den Hunden klebt ihr Blick am Boden. Sie rennen geradeaus, ohne
jemals geradeaus zu sehen. Sie bringen mechanisch die im voraus bekannte
Strecke hinter sich. In allen Großstädten der Welt ist es das Gleiche. Der
moderne Mensch ist allgemein der gehetzte Mensch. Er hat keine Zeit. Er
ist ein Gefangener der Notwendigkeit. Es ist ihm unbegreiflich, daß etwas
nutzlos sein kann. So begreift er auch nicht, daß es im Grunde das
Nützliche ist, das nutzlos drückend auf ihm lasten kann. Wer die
Nützlichkeit des Nutzlosen und die Nutzlosigkeit des Nützlichen nicht
begreift, begreift die Kunst nicht.
Ein Land, in dem man die Kunst nicht begreift, ist ein Land von Sklaven
und Robotern...
Quelle: Eugene Ionesco: Werke Bd. 6. Hg. Francois Bondy und Irene Kuhn.
München 1985, S. 164f.
Karl Traintinger Dorfzeitung 27.02.2003
Das Urheberrecht für alle
Texte, Bilder und Fotos liegt bei den AutorInnen.
Die Verwendung des, auf
dieser Seite veröffentlichte Bild- und Textmaterials,
ist ohne ausdrückliche Genehmigung
durch die AutorInnen untersagt.
|